Benin – Teil 1: Von einem Grenzübertritt, der beinahe schief gelaufen wäre

Am nächsten Morgen starten wir wieder früh los – mit dem heutigen Ziel mögliche Fährverbindungen von Togo nach Kamerun ausfindig zu machen und danach über die Grenze nach Benin zu reisen. Die Internetrecherche hat bis dato lediglich veraltete Blogbeiträge über Autoverschiffungen aus dem Jahr 2016 ergeben und daher keine wirklich nennenswerten Erkenntnisse gebracht. Einzig einen Fahrplan konnten wir auftreiben, der belegt, dass die Firma Grimaldi in den nächsten Wochen Fähren von Lome aus nach Kamerun schickt.

Im Grimaldi Büro angekommen, erklärt man uns, dass wir Rotkäppchen sehr gerne für 450.000 CFA – sprich ca. 700€ – auf die Reise schicken können. Die Summe klingt mehr als annehmbar, doch unsere Euphorie hält leider nur kurz. Denn man erklärt uns weiter, dass zusätzlich noch einmal die gleiche Summe für die Wagenabfertigung in Togo – sprich für die Verschiffungspapiere und den Hafenzoll – anfallen würde. Zwar bekommen wir den „Forwarder“, der unser Auto durch den Zoll schleusen soll, nach einigen Diskussionen und Überredungskünsten auf 250.000 CFA gedrückt, doch auch das erscheint uns noch vollkommen überzogen, zumal diese Gebühr lediglich für Togo gilt und nicht die Zollangelegenheit in Kamerun abdecken würde. Welche kosten uns dort zusätzlich noch erwarten, kann uns keiner genau sagen – das macht die Sache nicht gerade vertrauenswürdiger. Wir bitten daher den sehr bemühten Ansprechpartner von Grimaldi noch nach einer günstigeren Option zu suchen und die Kosten für Kamerun ausfindig zu machen. In der Zwischenzeit fahren wir weiter zum nächsten Anbieter. Dieser ist leider wenig optimistisch und macht uns keine Hoffnung, dass er unser Auto kostengünstiger verschifft bekommt. Er verspricht uns aber zu recherchieren und uns per Mail ein Angebot zu schicken. Frustriert fahren wir durch Lome, um weitere Anbieter ausfindig zu machen. Doch die dritte Adresse lässt sich einfach nicht auffinden. Kaum jemand scheint das Unternehmen zu kennen bzw. die wenigen Personen, die den Firmennamen bereits einmal gehört haben, schicken uns mit verwirrenden Ortsangaben quer durch quirlige Hauptstadt – ohne Erfolg.

Unverrichteter Dinge und ziemlich zerknirscht beschließen wir noch am heutigen Tag über die Grenze nach Benin zu fahren. Dabei ist unser Plan weiterhin das Fahrzeug von Lome (Togo) aus zu verschiffen, allerdings erst einmal Benin zu erkunden und dann über den Norden Benins nach Togo zurückzureisen, um schließlich, wenn alles gut geht, in zwei Wochen die Grimaldi Fähre nach Kamerun zu nehmen. Alles natürlich unter der Prämisse, dass wir einen fixen und bezahlbaren Preis für die Verschiffung Rotkäppchens genannt bekommen. Die Hoffnung auf ein günstiges Angebot stirbt schließlich zuletzt, auch wenn uns die Aussage von Grimaldi, dass das Auto nicht versichert sei und keiner uns eine Auskunft geben kann, wie wir in Kamerun am Hafen wieder an unser Auto kommen würden, schon jetzt leichte Kopfschmerzen bereitet.

Es ist früher Nachmittag, die Sonne brät wieder einmal erbarmungslos vom Himmel als wir schließlich am Grenzübergang ankommen. Wir wollen nach diesem etwas frustrierenden Vormittag einfach nur schnell über die Grenze, um noch ein schönes Quartier an Benins Küste zu beziehen. Doch das scheint uns nicht vergönnt zu sein! Während die Grenzbeamten in Togo uns sehr freundlich behandeln, wir ohne Probleme den Ausreisestempel erhalten und ich tatsächlich von einem der Grenzer ein Stück Wassermelone geschenkt bekomme, sind die Beamten auf Seiten von Benin das genaue Gegenteil.

Als wir uns zu den beiden beninischen Uniformierten gesellen, um ein Touristenvisum für 8 Tage zu beantragen, schauen sie uns nur misstrauisch an und fragen, wo wir denn in Benin hinfahren möchten. „Cotonou“, die Hauptstadt von Benin, lautet wahrheitsgemäß unsere Antwort. Doch das stimmt die beiden ganz und gar nicht zufrieden, sondern macht sie sogar noch misstrauischer. Kein Tourist würde freiwillig in die chaotische Hauptstadt fahren und überhaupt möchten sie uns kein Visum ausstellen, lautet daher ihre barsche Antwort. Wir können unseren Ohren nicht trauen – das soll wohl ein Witz sein! Unsere Freunde Amy & Christos waren erst zwei Tage zuvor über die gleiche Grenze gefahren und hatte von einem problemlosen Grenzübertritt und Visumbeantragung berichtet. Ob wohl die gestrige Wahl den beiden Beamten nicht gefallen hat? Oder war es das Mittagessen, das ihnen nicht geschmeckt hat? Man weiß es nicht – auf jeden Fall bleiben die beiden stur.

Wenn wir richtige Touristen wären, hätten wir eine Hotelreservierung, lautet ihre Ansicht. Wir versuchen zu erklären, dass wir in unserem Auto campen würden und dafür keine Reservierung notwendig oder gar erhältlich wäre. Das interessiert die beiden aber nicht und sie wenden sich sichtlich genervt den nächsten Passanten zu, die die Grenze nach Benin überqueren wollen. Immer wieder sehen wir Umschläge, die im Gegenzug für ein paar Stempel in den Ausweisen zu den Beamten rübergeschoben werden. Hier scheint wohl die Korruption noch Hochkonjunktur zu haben. Doch Bezahlen ist für uns keine Option – Overlander Ehrenkodex. Da die beiden Beamten langsam keine Lust mehr auf unseren Anblick und mein unablässiges „Vous devez nous donner un visa, monsieur – Sie müssen uns ein Visum geben“ haben, wollen sie uns wegschicken und weisen uns an, nach Lome zurückzufahren und dort am nächsten morgen ein Visum zu beantragen. 10 weitere Minuten Diskussion mit den Beamten später muss ich Max wegschicken, damit es nicht zu einer lauten und ggfs. handgreiflichen Auseinandersetzung kommt, bei der wir im Zweifel den Kürzeren ziehen. Schon zuvor mussten wir feststellen, dass Max Geduld bei derartigen Auseinandersetzungen mit Polizisten und Grenzbeamten deutlich weniger ausgeprägt ist als die meine und er ab einem bestimmten Punkt zur tickenden Zeitbombe wird, bevor er sich über die Unfähigkeit der Beamten Luft mache muss. Allein probiere ich also diverse Strategien aus, um die beiden Herren aus der Reserve zu locken: Unter anderem per vorgetäuschtem Telefonat mit der Benin-Botschaft auf Französisch (!), bei dem ich lautstark die fiktiven Aussagen der Botschafts-Beamten wiederhole, die bekräftigen, dass es keinen Grund gibt uns das Visum vorzuenthalten. Doch alles telefonieren, bitten, nerven und betteln bringt nichts – die beiden Männer bleiben hart. Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit einer von Max organisierten kalten Cola gegenüber den Beamten auf die Bank zu setzen und zu warten.

Und tatsächlich, nach 1,5 Stunden Warterei bei 40 Grad im Schatten kommt endlich der Chef der beiden Grenzbeamten. Ihm klage ich unser Leid und zum Unmut der zwei sturen Beamten, weist ihr Chef sie an, uns sofort ein Touristenvisum auszustellen. Wieder einmal zahlt sich unsere Hartnäckigkeit und der Verzicht auf Schmiergeldzahlungen dann doch aus – auch wenn es einiges an Kraft und Nerven gekostet hat.

Endlich dürfen wir nach Benin einreisen!

Mit den Visa für Benin in der Tasche können wir nun endlich weiterfahren. Da die Sonne schon bedrohlich tief steht, entscheiden wir uns in dem nahen Küstenort Grand Popo (kein Scherz, so heißt der Ort wirklich 😉) eine Unterkunft zu suchen.

Die Beschaffung einer lokalen SIM-Card ist in jedem Land wieder eine neue Herausforderung – dieses Mal muss die MOOV-Angestellte mehrfach einen neuen Bogen ausfüllen, da sie sich verschrieben hat. Zudem muss die Karte erst mittels ihrem privaten Handy aktivierter werden, bevor wir sie benutzen können. Das dauert!

Einen sich als kompliziert herausstellenden und sich Ewigkeiten hinziehenden SIM-Card-Kauf später, kommen wir endlich bei der Auberge de la Grand Popo an. Diese hat wohl schon deutlich bessere Zeiten gesehen, zumindest nach dem Zustand der Gebäude zu urteilen, aber ein sicherer Stellplatz ist jetzt das einzige, was zählt. Wir springen noch kurz zur Erfrischung ins stürmische Meer, gönnen uns zwei kalte Bier an der Bar und gehen früh ins Bett. Der kommende Tag darf gerne weniger nervenaufreibend werden, auch wenn die Tatsache, dass wir in die Hauptstadt Benins fahren wollen, um Visa zu beantragen, nicht gerade entspannend klingt. Doch im Dachzelt liegend, den klaren Sternenhimmel beobachtend und ein angenehmes Meeresrauschen im Ohr, verdrängt diesen Gedanken an das morgige Abenteuer.