Namibia – Teil 2: Von den ersten dicken, grauen Riesen: Elefanten & Hippos

Eiskalte Morgenluft empfängt uns, als wir aus dem Zelt klettern. Die Nacht war feucht und klamm und wir schlüpfen schnell in unsere langen Hosen sowie die dicken Pullover, um anschließend mit kalten Händen unser Zelt zusammenzuklappen.

Wir verlassen das Mukuku Rest Camp in Richtung Osten. Die Fahrt führt uns immer parallel zum Fluss entlang in Richtung Divundu, wo wir heute noch in den Bwabwata National Park fahren wollen, um die ersten Dickhäuter unserer Reise zu sichten. Und tatsächlich, wir werden nicht enttäuscht, als wir das Park Gate hinter uns gelassen und die endlos scheinende Anfahrt über nervenzehrende Wellblechpiste hinter uns gebracht haben: Die erste Safari in Rotkäppchen beschert uns hunderte von Elefanten, die plötzlich aus allen Himmelsrichtungen auf uns und unser Rotkäppchen zustampfen und wir uns einfach mit unserer Fotokamera sowie dem Fernglas bewaffnet zurücklehnen und das Spektakel genießen können.

Dabei scheinen wir die großen, grauen Kolosse nicht im Geringsten zu stören, wenn sie sich nach ausgiebiger Rüsseldusche am Fluss mit braunem Sand bewerfen. Ein Ritual, das auch „Elefanten pudern“ genannt wird und dabei helfen soll, lästige Parasiten loszuwerden. Dafür bewerfen sich die Elefanten mit ihren Rüsseln nach dem Wasserbad mit Sand, der unter der Sonne Namibias schnell eintrocknet und dann genüsslich am nächsten Baum „abgewetzt“ werden kann – und mit ihm die nervigen, kleinen Plagegeister. Ein großartiges Schauspiel.

Elefanten pudern gegen nervige Parasiten

Doch nicht nur Elefanten kreuzen unseren Weg auf unserer Pirschfahrt – auch Antilopen, Affen, Warzenschweine, Zebras und Büffel bekommen wir zu Gesicht.

Auf der Suche nach einem Rastplatz folgen wir der Parkbeschilderung und gelangen schließlich an einen großen Baobab-Baum, der als offizieller Picknick-Platz auswiesen ist. Dabei gibt es weder Zaun noch irgendeine andere Art von Schutz, der wildeTiere, die man nur wenige Minuten zuvor gesichtet hatte, von einem abhalten würde. Die Parkwärter werden sich schon was dabei gedacht haben… und so machen wir es uns gemütlich bei Toastbrot mit Analog-Scheiblettenkäse, Erdnussbutter und Bananenscheiben mit Blick auf den Okavango Fluss.

Nach kurzer Rast geht es zurück durch den Park in Richtung Gate. Nicht nur wird man ausdrücklich dazu aufgefordert vor Sonnenuntergang den Park zu verlassen, auch die ungewisse Übernachtungssituation treibt uns zum Aufbruch. Hier in Namibia scheint das spontane wilde Campen zu einer wahren Herausforderung zu werden und in Nähe eines nicht umzäunten Nationalparks wäre eine Übernachtung im Freien tatsächlich nicht ganz ungefährlich. Daher entscheiden wir uns für eines der angrenzenden Camps. Doch die ersten Camps, die wir ansteuern, sind leider komplett ausgebucht. Schließlich landen wir in der Mahangu Safari Lodge mit angrenzendem Campsite. Die etwas unsympathisch wirkenden deutschen Betreiber haben hier neben Zimmern, Bungalows und Tented Camps, auch Stellplätze direkt am Okavango River mit freiem Blick aufs Wasser. Der Ausblick aufs andere Ufer ist einfach traumhaft. Im Abendlicht, als wir unser kleines Lagerfeuer entfacht haben, über dem wir Stockbrot und Würstel grillen, sehen wir ein Krokodil langsam vorbeitreiben und sobald die Sonne untergegangen und der Mond aufgegangen ist, hören wir Hippos rufen.

Ein traumhafter Fleck Erde mit wirklich schönen Sanitäranlagen, heißer Dusche und Elektrizität. Doch ich vermisse die Einsamkeit. Die Gesprächsfetzen der Zeltnachbarn, die zwar durch kleine Büsche von uns getrennt sind, stören diese Idylle und wir sind uns einig, dass die Zweisamkeit, die wir auf lange Zeit auf unserer Reise genießen durften – nur wir zwei und die ungestörte Natur um uns herum – derartige Momente noch magischer gemacht haben und wir uns erst wieder daran gewöhnen müssen, diese Momente mit anderen, fremden Leuten zu teilen.

Der nächste Tag beginnt gemütlich. Wir lassen uns Zeit und beschließen unser Auto etwas vom braunen, feinen Staub der letzten Tage zu befreien, den Kleiderschrank etwas zu sortieren (die kurzen warmen Sachen machen langsam Platz den warmen, dicken Pullovern). Zwischendurch gibt es Frühstück und die ein oder anderen Tasse Kaffee, bei der wir im Campingstuhl sitzend den Tieren am anderen Ufer zuzusehen, die sich dort abwechseln: Zuerst sind nur die dicken, dunklen Rücken der Hippos zu sehen, später trauen sich Garzellen und Büffel ans Wasser zum Trinken.

Am späten Vormittag verlassen wir das Camp und es geht wieder zurück gen Westen. Mein ursprünglicher Vorschlag, einmal mitten durch den Khaudum National Park gen Süden zu fahren, stößt bei Max leider auf keine Gegenliebe – er hat (wahrscheinlich berechtigte) Bedenken: Auf dieser Strecke durch den wenig besuchten Park, scheint es nur ein sehr unzuverlässiges Straßennetz zu geben, in dem man sich leicht verfährt bzw. im Tiefsand festfährt. Die Durchquerung wird dabei nur im Konvoi von mindestens zwei Fahrzeugen empfohlen. Dabei wird von dem Fahrzeug sowie vom Fahrer scheints Höchstleistung gefordert, da neben endlosen welligen Pisten, viele Schlaglöcher und eine fehlende Benzinversorgung auf einen warten, die eine sehr umsichtige und vorausschauende Fahrweise verlangen. Nach unserer Fahrzeugpanne in Angola kann ich Max‘ Abneigung gegen diese neue Herausforderung für Mensch und Getriebe verstehen und gebe schließlich nach – auch wenn mir die lange Rückfahrt auf der gleichen Strecke widerstrebt. Seine Zusage, dass wir aber auf der Rückfahrt nicht wieder im Camp, sondern an einem Wildcamping Spot schlafen werden, stimmt mich schließlich glücklich und wir suchen hinter der Stadt Divundu nach einem geeigneten Fleckchen und werden schließlich direkt am Flussufer fündig. Außer einigen Fischern, ein paar spielenden Kindern und Rinder scheinen wir hier allein zu sein und keiner der vorbeischlendernden Einheimischen scheint sich an unserer Anwesenheit zu stören. Vielmehr werden wir freundlich gegrüßt, aber ansonsten weitgehend in Ruhe gelassen. Als die Sonne anfängt tief am Himmel zu stehen, entfacht Max ein Lagerfeuer, über dem wir frisch erstandene Marshmallows grillen und den Flusspferden beim Auf- und Abtauchen zusehen. Dieser Übernachtungsplatz ist 1000 mal besser als die letzten beiden Campingplätze. Die lauten Schreie der Hippos begleiten uns in dieser Nacht und lassen mich glücklich einschlafen.