Namibia Teil 3: Von toten Tieren und großen Felsbrocken

Heute führt unsere Fahrt über Rundu zum Nationalpark Mangetti. Ein eher unbekannter und wenig besuchter Park, der direkt an der B8 gelegen ist und somit einen perfekten Zwischenstopp auf unserem Weg Richtung Grootfontein verspricht. Doch dort angekommen macht sich schnell Ernüchterung breit. Die zwei netten Parkranger scheinen etwas überrascht über unseren spontanen Besuch und noch mehr über die Frage, ob wir hier nach getätigter Safari übernachten können. Nach längerem gemeinsam überlegen, beschließt man aber den seltsamen weißen Touristen den Wunsch nach einem Schlafplatz auf dem Parkplatz des Parks ermöglichen zu wollen. Wir freuen uns und fragen nach einer Parkkarte, um gleich am frühen Nachmittag auf Erkundungsfahrt zu gehen. Doch das treibt erneut Sorgenfalten ins Gesicht der Ranger: Es gibt zwar eine große, mit Flecken übersäte und zerschlissene Karte in dem spartanisch eingerichteten Rangerbüro, doch diese sei veraltet und daher nur schwer nutzbar, sagen uns die Ranger. Die Karte sei noch aus Zeiten bevor der Park für Besucher freigegeben wurde und einige Grenzen und Straßen daher nicht korrekt eingezeichnet. Zudem gibt es keinen Maßstab auf der Karte, d.h. Entfernungen sind nicht ablesbar.

Nicht mehr ganz so frische Parkkarte – wenn man sich da mal nicht verfährt

Bevor wir mit der abfotografierten Karte auf dem Handy die Fahrt in den Park starten, gibt man uns noch den Tipp auf den Weg mit, die tiefen Sandstraßen zu meiden, da man dort leicht steckenbleiben könnte. Welche das sind, kann man uns aber nicht genau sagen aus Ermangelung einer korrekten Karte. Na, das kann ja heiter werden…

Der Eingang zum Park ist schon einmal vielversprechend

Der Game Drive beginnt mit immer tiefer werdenden Sandpisten durch dickes Dornengestrüpp, das links und rechts von der Fahrbahn in die Straße ragt und dem man kaum ausweichen kann. Zum Teil scheint hier schon seit längerem keiner mehr langgefahren zu sein. Zu langsames und somit lackschonendes Vorbeifahren an den Dornen birgt die Gefahr umgehend im tiefen, feinen Sand der Savanne steckenzubleiben. Schnelles Fahren erlaubt es uns aber nicht den Dornen in gebührendem Abstand auszuweichen und so sitzen wir höchst angespannt in unserem Rotkäppchen und zucken jedes Mal zusammen, wenn wieder das unheilvolle, quietschend-kratzende Geräusche neue tiefe Kratzer im schwarzen Autolack verspricht. Max muss nach wenigen hundert Metern Fahrt die Differentialsperre einlegen, um unseren durch das Dachzelt und unseren Ausbau doch recht schweren Land Rover nicht gleich im nächsten tiefen Sand zu versenken. Und so wühlen wir uns Kilometer für Kilometer durch die ausgefahrenen, tiefen Sandpfade in der Hoffnung irgendwann auf eine Kreuzung zu treffen, an der bestenfalls festerer Untergrund zu finden ist.

Tiefer Sand macht das Fahren durch den Mangetti Park zum Abenteuer

Das Ziel hier tatsächlich Tiere zu sichten schwindet dabei minütlich. Zum einen ist die Savanne hier derart dicht bewachsen mit trockenem Gestrüpp, das man nicht wirklich weit sieht, zum anderen sind wir so mit Ausweichen, Spurhalten und Nicht-Steckenbleiben beschäftigt, dass uns die Zeit fehlt, parallel nach Tieren Ausschau zu halten. Das erste Tier, das wir dann sichten, ist – wie einige die danach noch folgen – eine tote, vertrocknete Giraffe am Wegesrand. Ein grausamer und trauriger Anblick, der aber zur dürren Landschaft und unserer enttäuschten Stimmung passt. Nur eigenartig, dass das Tier hier wohl gestorben und mit der Zeit vertrocknet ist, ohne von irgendwelchen Aas-Essern, die es normalerweise zuhauf in den Nationalparks gibt, nicht innerhalb weniger Minuten nach dem Tot bis auf die Knochen ausgenommen und aufgefressen zu werden. So makaber das klingen mag – wenigstens ist dieser natürliche Kreislauf des Lebens nachhaltiger und sinnstiftender, als letzendes als vertrockneter Kadaver hier in dem glühenden Sand zu verwesen.

Erste Tierbegenung des Tages – eine tote Giraffe. Hoffentlich wird das noch besser…

Nach knapp einer halben Stunde treffen wir schließlich auf einen größeren Abzweig, an dem gemäß Karte auch ein Wasserloch gelegen sein sollte. Doch leider sind einige Flächen umzäunt und nicht für Besucher zugänglich, womit unsere Irrfahrt durch den Sand weitergeht in Richtung nächstes Wasserloch. Dieses ist zwar nicht mehr sonderlich voll mit Wasser, doch ein paar scheue Zebras, Gnus und Vögel bekommen wir zu Gesicht. Langsam drängt sich uns das Gefühl auf, dass hier irgendwas nicht stimmt.

Nicht nur die Dürre und die wenigen Besucher haben die Tiere derart scheu werden lassen. Wir vermuten, dass hier zur wirtschaftlichen Aufrechterhaltung des Parks immer noch Wilderei bzw. Jagdsafari betrieben wird. Vielleicht kommt diese Vermutung aber auch nur daher, da in der veralteten Karte der Name „Hunters Camp“ vermerkt ist, welches trotz gut erhaltener Anlage für reguläre Besucher nicht geöffnet ist – worauf ein großes Schild (eines der wenigen hier im Park) deutlich hinweist. In unseren Recherchen finden wir hierzu widersprüchliche Aussagen. Die einen schreiben von einem Park in dem noch regelmäßig gejagt wird, auf anderen Seiten steht, dass der Park zur Aufzucht von Wildtieren und Nashörnern genutzt wird. Davon hat man uns aber am Parkeingang nicht erzählt als wir gefragt haben, welche Tiere wir hier zu Gesicht bekommen würden. Wir können also nur spekulieren. Wie es auch sein mag – wir sehen bei dieser Safari gefühlt mehr totes als lebendiges Wild und sind froh, als wir zu Sonnenuntergang ohne uns im tiefen Sand festgefahren zu haben bzw. uns in den Weiten des Parks verfahren zu haben, wieder am Parkeingang eintreffen. Wir schlagen am Gate unser Nachtquartier auf, kochen uns ein paar Nudeln und genießen den Sternenhimmel mit einem Gin-Tonic.

Mit Gin-Tonic lassen wir den Abend auf dem Parkplatz vorm Rangerbüro ausklingen

Neuer Tag, neue Strecke: Wir fahren nach Grootfontein, einer etwas unwirtlich und nicht sonderlich einladend wirkenden Stadt, die ein gewisses Westernfeeling versprüht. Die Straßen sind breit, staubig und leer und es hätte uns nicht gewundert, wenn klischeehaft wie im Western eine Steppenhexe durch die Straßen geweht wäre. Hier in Grootfontein wollen wir tanken, Vorräte auffüllen und erste Lebensmittel für unser baldiges Zusammentreffen mit unseren Freunden Maxi & Steffi einkaufen. Zudem haben wir eine Autowerkstatt rausgesucht, in der wir ein auffälliges Klappern am Landy einmal überprüfen lassen wollen. Der Werkstattbesuch stellt sich allerdings eher als überteuerte Nullnummer heraus. Ein paar wenige Schrauben wurden am Auspuff und diversen anderen Stellen vom Landy nachgezogen bzw. ausgetauscht. Allerdings hätten wir dies für das Geld auch deutlich günstiger hinbekommen. Aber Hauptsache keine neuen Hiobsbotschaften zum Getriebe.

Nach kurzer Mittagspause in einem kleinen Café sowie den vergeblichen Versuch das wegen Bauarbeiten geschlossene „Alte Fort Museum“ aufzusuchen, geht unsere Fahrt weiter zum ca. 20 Kilometer entfernten Hoba-Meteoriten, der als bisher größter Meteorit auf der Erde bezeichnet wird und vor etwa 80.000 Jahren hier auf dem Geländer der Hoba-Farm eingeschlagen sein soll und erst vor 100 Jahren entdeckt und anschließend freigelegt wurde.

Der Ort des Meteoriten-Einschlags ist jetzt als eine Art umzäuntes Freilichtmuseum eingerichtet mit Picknick-Plätzen rund um den Meteoriten. Doch irgendwie können wir die Faszination um diesen großen Steinklotz nicht ganz nachvollziehen – wahrscheinlich fehlt uns das nötige Fachwissen, um die Bedeutsamkeit dieses uralten Gesteinsbrockens besser schätzen zu können. Wir sind dennoch froh, dass wir hierhergekommen sind – immerhin dürfen wir kostenlos auf dem schönen, weitläufigen Parkplatz unter eindringlichen Hinweis „auf eigene Gefahr“ die heutige Nacht verbringen. Angeblich soll die Gegend nicht sicher sein. Doch können wir uns nicht wirklich vorstellen, dass nachts jemand die weite Anfahrt bis zum Meteorit auf sich nehmen sollte, um dort nach wehrlosen Touristen Ausschau zu halten.

Und so wird – nachdem alle Museumsangestellten Feierabend gemacht haben – der Parkplatz von uns zum Freilicht-Friseursalon umfunktioniert. Immerhin möchten wir einigermaßen gepflegt unseren Freunden gegenübertreten und Max bekommt kurzerhand noch einen frischen Haarschnitt von mir verpasst. Mit Panoramablick und Sonnenuntergang versteht sich.  

Feierabend auf dem ältesten Meteoriten mit Radler und einem guten Buch versteht sich