
Nach einer Nacht in der Pfahlbautenunterkunft Auberge Chez M im Stelzendorf Ganvie begeben wir uns als allererstes zur kleinen Terrasse, von wo aus man einen herrlichen Blick auf das bereits rege Treiben des „Wasserdorfes“ hat.
Während wir unseren ersten Kaffee schlürfen und den Marktfrauen beim manövrieren ihrer frischen Waren zusehen, halten wir auch Ausschau nach unseren Freunden Amy & Christos. Diesen hatten wir am Vorabend noch geschrieben, dass sich ein Besuch das Stelzendorfes definitiv lohnt und kurzerhand für die beiden einen Abholservice per Boot organisiert.


Da die zwei aber auf sich warten lassen und daher auch das gemeinsame Frühstück noch nicht in greifbare Nähe rückt, winken wir spontan eine freundlich dreinblickende Frau in ihrem schwimmenden Verkaufsstand heran. Sehr akrobatisch schaffen es Max und die Verkäuferin, dass der Wechsel von Geld und frisch gebackenen Fat Cakes ohne Verlust vonstattengeht. So lässt es sich auf unsere Freunde doch gleich viel besser warten.

Als schließlich unsere Freunde mit dem Boot der Herberge angetuckert kommen, ist die Freude groß.

Wir genießen gemeinsam unser Frühstück am Wasser und Christos kommt auf die Idee, seine mitgebrachte Drohne über dem Stelzendorf fliegen zu lassen. Zunächst fliegt diese auch in gewohnter Manier stabil über dem Dorf und macht fantastische Aufnahmen. Als jedoch der Akkustand des Fluggeräts plötzlich niedrig wird, versucht es automatisch an seinen Ausgangsort zurückzukehren. Dies ist allerdings aufgrund des niedrigen Vordachs der Herberge nicht möglich. Christos versucht daher manuell die Drohne zurückzuholen – doch zu spät. Die teure DJI-Drohne fliegt zuerst mit ordentlich Tempo in Richtung Hauswand, bevor sie sich dann kurz davor blinkend ins Wasser verabschiedet. Wie versteinert stehen wir an der Schwelle und können es kaum glauben, was wir gerade beobachtet haben. Mehrere hundert Euro einfach mal im Wasser versenkt. Doch zu Christos‘ und unserem Glück tauchen aus dem Nichts zwei Jungs in einem kleinen Boot auf, werfen kurzerhand ihr Fischernetz ins Wasser und ziehen die Drohne keine Minute später an Land. So eine spontane Hilfe und Reaktion hätten wir nicht erwartet – Christos ist überglücklich. Zwar traut er sich seine Drohne nicht auszuprobieren, sondern legt sie erst einmal zum Trocknen – doch es gibt auf jeden Fall Hoffnung, dass sie sich nochmals starten lässt oder zumindest durch einen Fachmann reparieren. Glück gehabt! Die spektakulären Bilder des Drohnenabsturz – der natürlich gefilmt wurde – ist auf jeden Fall ein kleiner Trost für unseren Bruchpiloten.
Nachdem der Kaffee geleert, das letzte Marmeladenbrot verzehrt und der Drohnenabsturz einigermaßen verdaut ist, beschließen wir mit dem Jungen der Herberge noch einen Bootsausflug mit einem kleinen, mittels Holzstab angestoßenen Boot durch die Wassergassen des Dorfes zu unternehmen.










Dabei kommen wir an Kirchen, Schulen, Friseurshops, Telefonläden und anderen kleinen Geschäften vorbei, die ähnlich wie am Festland betrieben werden – nur eben per Pfähle ein paar Meter über dem Wasser schweben. Auch Tiere werden hier über dem Wasser gehalten – dabei haben die meisten Wohnhäuser kleine Ställe hinter dem Haus angedockt, wo Ziegen, Schweine und Hühner gehalten werden. Die Kinder winken uns fröhlich von ihren Hütten aus zu und auch die Erwachsenen scheinen sich nicht an unsere Tour durch ihr Wohngebiet zu stören. Zwar würden wir nicht zwingend in dem Wasser rund um Ganvie baden wollen, doch ist dieses deutlich weniger verschmutzt als man es bei einer derartigen Bevölkerungsdichte erwarten würde. Wir sehen kaum Plastik o.ä. im Wasser treiben, da scheinbar der Bevölkerung die Wichtigkeit des Wassers als Quelle für den Fischfang bewusst ist und sie dieses als wichtigen Bestandteil ihres Zuhauses ansehen.
Nach unserem kleinen Sightseeing-Ausflug durch die Wassergassen, holen wir unser Gepäck und fahren mit einem etwas größen Motorboot zurück an Land. Dabei besteht die nette Herbegen-Besitzerin darauf uns mit Sonnenhüten gegen die bereits stark vom Himmel brennende Sonne auszustatten. Unser Anblick ist zum Schreien: Wir sehen aus wie vier kleine asiatische Touristen.


Mit den ulkigen Hüten ausgestattet machen wir uns also wieder auf den Weg Richtung Festland – nicht ohne dabei immer wieder in schallendes Gelächter beim Anblick des jeweils anderen auszubrechen. Aber was tut man nicht alles aus der entgegengebrachten Gastfreundschaft bzw. gegen einen Sonnenstich!
Am Festland angekommen, trennen sich die Wege von uns und unseren Freunden wieder. Während die beiden noch eine weitere Nacht in Cotonou verbringen, machen wir uns auf den Weg zu einer Fahrt entlang der Küste von Benin auf. Über die Route du Pecheurs wollen wir zur Voodoo-Hochburg Ouidah fahren.




Nachdem wir uns mit Rotkäppchen durch kleine verwinkelte Dörfer gewunden haben und uns durch viel zu niedrig hängende Stromkabel gekäpft haben, erreichen wir schließlich gegen Mittag die Küstenstraße. Diese Sandpiste ist ein Traum: Es geht nur wenige Meter vom Strand entfernt vorbei an kleinen Fischerdörfchen und durch endlos scheinende Palmenhaine. Immer wieder sehen wir große Menschenansammlungen, die entweder in Reih-und-Glied stehende die schweren Fischernetze mit vereinten Kräften an Land ziehen, oder Marktfrauen, die geschäftig die frischen Meerestiere von ihren Männern in Empfang nehmen und an die Kunden weiterverkaufen. Wir genießen die Fahrt, lassen unsere Drohne fliegen und sind froh, dass wir diese Route abseits des Mainstream gewählt haben.
Als wir schließlich nach 2 Stunden in Ouidah ankommen, sind wir überrascht von den vielen Touristen und dem kommerziellen Treiben, das einige Kilometer zuvor noch nicht zu erahnen gewesen war. Entgegen dem Touri-Strom, suchen wir uns eine kleines von Einheimischen geführtes und frequentiertes Resto, wo wir Spaghetti mit Sardinen zubereitet bekommen.


Danach wollen wir eigentlich das Sklaven-Denkmal „Door of No Return“ besuchen, doch schon als Max nur den Motor unseres Landys abgestellt hat, werden wir von vermeintlichen Guides abgefangen, die sich als zwingend notwendig für die Besichtigung und natürlich gebührenpflichtig herausstellen. Grundsätzlich haben wir ja nichts dagegen, wenn wir mit ein paar Münzen selbsternannten Guides eine Freude machen können. Doch das Auftreten ist uns viel zu aufdringlich – und so verlassen wir mit einem kurzen Blick vom Zaun aus auf das Denkmal die Gedenkstätte und fahren lieber in Richtung Stadtinneres.
Links und rechts der Straße lassen sich immer wieder befremdlich wirkende Statuen entdecken, die diverse Voodoo-Gottheiten darstellen und die Omnipräsenz des Voodoo-Spirits in der Stadt verdeutlichen. Dabei muss man wissen, dass Ouidah Austragungsstätte eines sehr großen und berühmten Voodoo-Festivals ist, wo jährlich feierlich und im großen Stile der Voodoo-Kult erlebt und ausgelebt werden kann.



Wir erreichen schließlich nach einigen Kilometern den Stadtkern von Ouidah, wo sich auch das portugiesische Fort de São João Baptista de Ajudá befindet. Da dieses Fort geschichtsträchtig und berühmt berüchtigt für seinen ehemaligen Sklavenhandel ist, entscheiden wir uns für eine Besichtigung. Doch auch hier werden wir enttäuscht. Man erlaubt uns zwar den Burghof zu besichtigen, doch da sich kein Führer auftreiben lässt, der uns durch das Museum führen kann bzw. möchte, dürfen wir uns die Ausstellungsräume nicht ansehen. Warum genau – kann man uns leider nicht erklären, oder unsere Französischkenntnisse sind nicht weitreichend genug (?). Auf jeden Fall ziehen wir ziemlich bald wieder von Dannen – da war die Führung in Ghana im Fort Elmina dann doch deutlich beeindruckender und besser organisiert. Schade!


Wir stehen nun vor der Entscheidung eine Nacht in Ouidah zu bleiben oder noch ein Stück weiter in den Norden nach Abomey zu fahren, wo wir am nächsten Tag einen der vielen Königspaläste besichtigen wollen. Da die Campingoptionen in Ouidah ziemlich überteuert scheinen, entscheiden wir uns für die Weiterfahrt. In Abomey finden wir einigermaßen zügig in der Auberge D’Abomey einen Stellplatz auf dem Parkplatz, wo wir gegen ein Abendessen im Hotelrestaurant kostenfrei stehenbleiben dürfen. Mittels instabilem Internet versuchen wir abends, während riesige Schwärme an Fledermäusen über unseren Köpfen umherkreisen, noch ein wenig unsere Weiterfahrt in den nächsten Tagen zu planen. Wir erfahren zufällig, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Demonstranten, die gegen die neu gewählte Regierung protestieren und dem Militär kam. Dabei sollen immer wieder Feuer in Cotonou gemeldet werden und die Leute dazu angehalten sein, in ihren Häusern zu bleiben (zur Erinnerung: Die Opposition war zu den Wahlen nicht zugelassen!). Auch unsere Freunde Amy & Christos sind von den Unruhen betroffen. Diese sind mitten im Diplomatenviertel der Stadt untergekommen und berichten von schwer bewaffneten Militärs, großen Geschützen und immer wieder zu sehende Rauchsäulen, die über der Stadt auftauchen. Was für ein Glück, dass wir nicht länger in Cotonou für die Visa-Beschaffung bleiben mussten. Doch auch für die anderen Teile Benins werden Warnungen über Unruhen und bewaffneten Auseinandersetzungen ausgerufen. Wir haben davon bisher noch nichts bemerkt, doch etwas beunruhigt steigen wir schließlich ins Zelt zum Schlafen.

