Sierra Leone – Teil 3: Schulbesuch in Mayoro mit Street Child

Nach unserem Besuch in der Tacugama Sanctuary verlassen wir Freetown und fahren schließlich gegen Mittag nach Makeni, zum Street Child Gelände. Dort befinden sich neben dem Bürogebäuden auch diverse Unterkünfte der Volunteers, sprich der Freiwilligen, die hier für mehrere Monate die Projekte vor Ort koordinieren und unterstützen. Wir werden herzlich empfangen, obwohl scheints kaum jemand von unserem Kommen wusste und dürfen auf dem Gelände der Organisation campen. Abends genießen wir noch typisch Sierra Leonische Gerichte – u.a. Groundnut Stew mit Reis im Street Child Club House. Dies ist ein Restaurant, das von einer ehemaligen Freiwilligen gegründet wurde und dessen Profit in den Spendenpool von Street Child einfließt. Da schmeckt das Essen doch gleich doppelt so gut!

Campen auf dem Street Child Compound

Am nächsten Tag ist die Vorfreude auf den nahenden Besuch einer der zahlreichen von Street Child gebauten bzw. geförderten Schulen in Sierra Leone groß. Wir treffen uns mit Boyd und einigen anderen Volunteers bzw. örtlichen Helfern in Makeni und dann geht’s los Richtung Fly & Help School in Mayoro. Diese Schule wurde 2018 eröffnet und ermöglicht es aktuell 72 Kindern dort zur Schule zu gehen.

Es handelt sich dabei um eine hübsche, blau weiß gestrichene Primary School, die aus 3 Klassenzimmern, einem stillen Örtchen für Jungs & Mädels und einer Wasserpumpe zum Zapfen von Frischwasser besteht.

Die Schulkinder empfangen uns mit lautem Getose und auch die sieben Lehrer, wovon vier durch Street Child eine offizielle, staatlich anerkannte Ausbildung abgeschlossen haben, begrüßen uns herzlich.

Lehrer der Fly & Help Schule in Mayoro

Auch weitere wichtige Personen sind zum Anlass des Besuchs der Deutschen extra vorbeigekommen: der Landbesitzer auf dessen Grundstück die Schule errichtet wurde, hat es sich genauso nicht nehmen lassen zu erscheinen, wie die Dorfoberhäupter der umliegenden Städte, deren Kinder hier zur Schule gehen können. Nach kurzem Handshake mit allen Erwachsenen, bringen die Lehrer Ruhe und Ordnung in die umherwuselnden Kids und lassen Sie der Größe und Klasse nach in Reih und Glied aufstellen. Anschließend werden wir mit einem Willkommenslied „Visitors are Welcome“ begrüßt – inbrünstig gesungen von 72 Kinderstimmen.

Willkommenslied

Dann kommt das Highlight unseres Besuchs, wir packen unsere Drohne aus und lassen sie über die strahlenden und teils ungläubigen Kinder fliegen, die sich gleich daran machen, der Drohne schreiend und vor Freude kreischend hinterherzulaufen. Ein cooles Spektakel, das den Kindern mindestens so viel Freude bereitet wie Max und mir.

Schulbesuch Fly & Help, Mayoro

Auch die Fotosession im Anschluss begeistert die Kinder. Jeder möchte geknipst werden, in der Gruppe posieren oder ein Einzelportrait bekommen. Umringt von einer Traube von freudestrahlenden Kindern macht das uns natürlich mächtig Spaß.

Danach dürfen wir noch den Unterricht besuchen und uns ein Bild der Anlage machen. Insgesamt haben wir einen sehr guten Eindruck und denken, dass die Schüler hier in sehr guten Händen sind und dank Street Child die Möglichkeit bekommen, eine solide Ausbildung zu erhalten. Die Tatsache, dass die Kinder aus 7 Gemeinden kommen und daher einige tatsächlich mehr als 6 Kilometer an der Hauptstraße gehen müssen um zur Schule zu gelangen, zeigt die Notwendigkeit derartiger Einrichtungen in Sierra Leone und den eisernen Willen einiger Knirpse, eine ordentliche Ausbildung zu erhalten. 

Während unseres Rundgangs über das Schulgelände erfahren wir auch noch, dass es nicht allein mit dem Bau einer Schule getan ist. Auch das Ausbilden der Lehrer und vor allem das Halten der Lehrer bei einer Schule kann zur Herausforderung werden in Anbetracht der niedrigen Löhne für Lehrkräfte. So kommt es immer wieder vor, dass die Lehrkräfte ihren Job hinwerfen, um ihr Geld z.B. beim Diamantenschürfen zu verdienen. Auch wenn dieses Geschäft deutlich risikobehafteter ist, werden immer wieder Lehrkörper durch Geschichten vom schnellen Geld verführt und werfen ihren Beruf hin. Des Weiteren erzählt man uns, dass staatliche Finanzmittel für Bildung oft knapp und die Regierung häufig überfordert ist. Das hat zur Folge, dass die Regierung häufig nichts von der Existenz von neu erbauten Schulen weiß und sich folglich weigert, die offiziell ausgebildeten Lehrkräfte staatlich anzustellen. Zudem sorgt unnötige Bürokratie und langsame Staatsmühlen häufig dafür, dass Schulen angefangen werden zu bauen, auch ohne Segen der Regierung, was dann im Nachgang wieder für Unmut bei den Behörden sorgt. Zudem fällt uns in Sierra Leone die Vielzahl der unterschiedlichen Charity Organisationen auf, die aufgrund fehlendem Bindeglied (auch hier versagt der Staat) parallel wirtschaften und oft Synergien ungenutzt bleiben. Schade, bei so viel Wiĺlenskraft, positiven Hilfeleistungen, die aktuell noch nicht ihre maximale Strahlkraft entfalten können aufgrund nicht vorhandener (Infra-)Struktur durch den Staat. 

Umso mehr freuen wir uns zu sehen, dass die von Street Child initiierten Projekte scheint’s fruchten und Kindern die wichtige Ausbildung ermöglichen, die der Staat aktuell nicht allein gestemmt bekommt. Darüber hinaus ist die Organisation auch bemüht sich um lokale Familienunternehmen zu kümmern. Warum das für die Schulbildung der Kinder wichtig ist? Eigentlich ganz einfach: nur wenn die Eltern genug Geld verdienen, um die ganze Familie zu versorgen, dürfen die Kinder die Schule besuchen. Ansonsten müssen diese mit auf dem Feld beim Anbau und Ernte oder auf dem Markt beim Verkauf der Lebensmittel helfen. Erst durch Sicherung des Familienunterhalts steht der Ausbildung des Nachwuchs nichts entgegen.  

Wir verabschieden uns von den Kindern und Lehrern mit Überreichen von zwei Lederfußbällen und die Kinder jagen euphorisch übers Schulgelände, dem neuen Spielgerät hinterher. Begeistert und dennoch in Gedanken versunken geht’s zurück nach Makeni, wo wir eine weitere Nacht auf dem Street Child Gelände campieren dürfen. Ein paar der lokalen Mitarbeiter laden uns abends noch auf einen Palmwein ein und versprechen uns am nächsten Tag in die Geheimnisse der Palmwein-Produktion einzuführen. Ein Erlebnis, dem man doch gerne tief und fest entgegenschlummert.

Hier kannst du mehr über Street Child und deren weitere Projekte erfahren: