Sierra Leone Teil 2: Banana Islands und ein Besuch in der Tacugama Chimpanzee Sanctuary

Der zweite Tag in Sierre Leone beginnt mit einem Strandspaziergang und Frühstück mit Meerblick.

Omelette mit Kaffee

Da sich rausstellt, dass die Bootsfahrt auf die vorgelagerten Inseln deutlich bezahlbarer ist als in Guinea Bissau und wir sowieso erst am Montag zurück nach Freetown für die Organisation unseres Nigeria Visas wollen, sitzen wir kurze Zeit später auf einem kleinen Ausflugsboot gen Banana Islands.

Auf dem Weg nach Banana Islands

Die Inseln haben ihren Namen von der Formgebung der drei Inseln, die einer Banane ähnelt. Wir teilen das Boot mit drei super netten Briten, die in Freetown für mehrere Wochen stationiert sind, um dort die örtliche Polizei auszubilden. Auf der Bootsfahrt stellt sich schnell heraus, dass wir uns deutlich zu wenig über die Banana Islands informiert haben bzw. die Infos, die wir von den Locals bei unserem morgigen Strandspaziergang gesammelt hatten, nicht umfassend waren und wir entsprechend deutlich zu wenig Geld dabei haben. So erklärt man uns, dass uns das Boot nur zu einer Stelle der Insel fährt von wo aus man eine Entrance Fee für Besuche des kleinen Inseldorfes entrichten muss. Darüber hinaus könne man gut vor Ort schnorcheln (wir haben natürlich keine Schnorchelsachen auf die Insel mitgenommen), allerdings wäre das Ausleihen der Masken und die Bootsfahrt zum Schnorchelspot ebenfalls mit Zusatzkosten verbunden. Die drei Briten bemerken schnell unser Dilemma und retten unseren Tag. Nicht nur, dass sie uns mit auf die Schnorcheltour nehmen, die sie vorab bereits gebucht hatten. Sie laden uns sogar noch auf ein Mittagessen ein, als sie bemerken, dass wir zu wenig Geld mit auf die Insel gebracht haben. So viel Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit können wir kaum glauben, aber Jackie, selbst Mutter von zwei Kindern, meint, sie könne uns jetzt nicht einfach hungern sehen und würde sich freuen, wenn ihre Tochter im Ausland ebenfalls so unterstützt würde, wenn Sie einmal in eine derartige Lage kommt.

Wir verbringen daher den ganzen Tag schnorchelnd und plaudernd mit den 3 Briten und kehren mit sonnenverbrannter Haut, aber sehr glücklich am späten Nachmittag ans Festland zurück.

Dort beschließen wir eine weitere Nacht auf dem Hotel Nova Parkplatz zu verbringen. Leider merken wir bald, dass an diesem Abend neben dem Hotel eine Party stattfindet und der Bass uns jeglichen Schlaf rauben wird. Die Vorliebe der Sierra Leoner für laute Musik in Kombination mit grausamen Übergängen und schlechter Tonqualität beginnt uns langsam aber sicher etwas zu nerven. Doch die Hotelmanagerin lässt uns netterweise das Auto umparken und an einem etwas ruhigeren Ende des Hotelgeländes abstellen, sonst hätten wir sicher die Ganze Nacht kein Auge zu gemacht. Am nächsten Morgen brechen wir früh ohne Frühstück auf, um möglichst bei Dienstbeginn bei der Nigerianischen Botschaft zu sein. Doch Die Dinge laufen natürlich wieder anders als geplant. Punkt 8 Uhr parken wir Rotkäppchen vor dem eingezäunten Botschaftsgebäude, doch dort erklärt man uns, dass Visa Angelegenheiten erst ab 9 Uhr bearbeitet werden. 1 Stunde später stehen wir wieder vor dem Gebäude, dieses Mal werden wir eingelassen. Nachdem wir uns in 3 dicken Büchern eingetragen haben, dürfen wir vorsprechen. Doch es stellt sich schnell heraus, dass diese Fahrt umsonst war. 12 Bearbeitungstage und 259 USD soll ein Visum Kosten. Weder die Zeit noch unsere Reisekasse reicht für einen derartig langwierigen und teuren Visaprozess. Leicht geknickt verlassen wir das Gebäude- natürlich nicht ohne uns in den 3 besagten Büchern wieder auszutragen.

Ausblick auf Freetown

Nächste Aufgabe: Geld abheben. Da wir seit unserem Mautstellen Erlebnis wissen, wie schwierig es ist, in Sierra Leone außerhalb der Hauptstadt an Geld zu kommen, wollen wir uns mit genügend Bargeld eindecken. Doch leichter gesagt als getan: wir steuern an diesem Vormittag mehr als 5 unterschiedliche Bankautomaten an, allerdings ohne Erfolg. Überall ist die Höchstgrenze bei den Automaten 400.000 Leone, umgerechnet nicht einmal 40 Euro. Unsere Visa-Cards funktionieren allerdings erst ab 50 Euro und so bleibt uns das Bargeld verwehrt. Wir haben keine andere Wahl als Euros zu wechseln. Dafür gehen wir in die Bank, da wir keine Ahnung haben, wo wir an einen Wechsler auf dem Schwarzmarkt rankommen. Doch was sich da abspielt ist unglaublich: Zuerst werden wir stundenlang von einem Schalter zum nächsten geschickt, um schließlich zu erfahren, dass unser 100 Euro Schein nicht gewechselt werden kann, da man nicht wisse, wie man dessen Gültigkeit prüfe. Dass am Eingang aber ein großes Schild mit „We change Euro and USD“ steht, zusammen mit dem heutigen Wechselkurs, überzeugt dabei leider niemanden. Schließlich kommt einem Beamten die Lösung: er wechselt uns die gewünschte Summe aus eigener Tasche und streicht sich später damit den deutlich besseren Schwarzmarktkurs ein. Einen Schwarzmarktdeal in einer Bank haben wir auch noch nicht erlebt, aber nach knapp 2 Monaten in Afrika wundert einem so etwas auch nicht mehr.

TIA – This is Africa

Nigeria Visa erfolglos versucht, erfolgreich Bargeld besorgt, jetzt kommt die dritte Herausforderung: an Internet rankommen. Wir wollen uns heute nämlich mit Boyd, einem Volunteer des Street Child Projektes treffen, um einen Schuldbesuch zu organisieren und mehr über das Projekt zu erfahren, das wir mit den während der Reise gesammelten Spenden unterstützen wollen. Nach einiger Zeit gelingt uns die Kontaktaufnahme per WhatsApp und kurze Zeit später sitzen wir in einem der Büros von Street Child in Freetown und planen zusammen mit der örtlichen Projektmanagerin Sia und Boyd, einem niederländischen Volunteer, unseren Schulbesuch. In zwei Tagen ist es soweit, dann werden wir von Makeni – einem weiteren im Nordosten gelegenen Standort von Street Child in Sierra Leone, die Fly & Help Schule besuchen. Voller Vorfreude verabschieden wir uns von Boyd & Sia und machen uns auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit in Freetown.

Bei einer christlichen Einrichtung namens St. Andrews werden wir fündig. Hier dürfen wir für ein paar Euros im Hof parken und campen. Da der Übernachtungsort zwar günstig ist, aber keinerlei Charm versprüht, beschließen wir uns zu Fuß noch die Altstadt von Freetown anzusehen. Mit einem TukTuk, das wieder als „Shared Taxi“ betrieben wird, lassen wir uns in die Altstadt fahren. Wir besuchen neben dem als Wahrzeichen für Freetown geltenden Baumwollbaum im Stadtkern (Sinnbild für den Sklavenhandel nach Amerika) noch kurz den afrikanische Antiquitäten & Souvenirmarkt und laufen danach zu Fuß zurück zu unserer Übernachtungsstätte. Vorbei an vielen alten, aus Holz gefertigten Creol Häusern, die an daran erinnern, dass Freetown als Ort für befreite Sklaven entstand im Stile der amerikanischen Holzhäusern aus dem 18. Jahrhundert.

Die Nacht verspricht wieder einmal heiß & schwül zu werden. Als wir also im Dunkeln schwitzend unser Zelt aufgeklappt haben und eigentlich wegdösen wollen, haben die Mitbewohner der umliegenden Zimmer etwas anderes vor. Plastikstühle werden direkt gegenüber unseres Autos aufgestellt, und Musik laut aufgedreht. Eine Nacht ohne Musik ist uns wohl in ganz Sierra Leone nicht vergönnt. Erst der spät abends einsetzende Platzregen sprengt die Party vor unserem Zelt und während die Gäste das Weite suchen, tost um uns rum ein heftiges Gewitter, das unser Zelt aufgrund des beinahe waagrecht auf die Plane prasselnden Regens, unter Wasser setzt. An einen ruhigen Schlaf ist leider wieder nicht zu denken.  

Trotz der morgendlichen Müdigkeit, steigen wir voller Vorfreude aus dem Zelt. Heute geht’s zur Tacugama Chimpanzee Sanctuary – einer Auffangstation für Schimpansen.

Dort landen Affen, die verwaist aufgelesen oder aus Gefangenschaft befreit werden. Oftmals sind es kleine Affenbabies, die bei der Jagd auf Bushmeat bzw. Affenfleisch nicht genug Fleisch abgeben und dann kurzerhand auf öffentlichen Märkten als Haustiere verschachert werden. Andere Schimpansen werden von Firmen oder Expats als „Attraktion“ in Gefangenschaft auf dem Gelände gehalten und den Kunden bzw. Gästen als unterhaltsames Gimmick vorgeführt. Wieder andere wurden in Bars grausam am Tresen gehalten und leiden nicht selten an Leberschäden aufgrund der Ihnen zur Ruhigstellung oder zur Belustigung zugeführten Alkoholika. Nach Aufnahme der Schimpansen in der Sanctuary werden sie zunächst einmal untersucht und einzeln betreut, bevor sie dann zu ihren Artgenossen gelassen werden. Dort müssen die meisten dann erst wieder lernen, was es heißt Schimpanse zu sein. Einfache Dinge, wie Klettern, Nüsse knacken und an Wasser kommen ist den Primaten nämlich zum Teil aufgrund ihrer Vergangenheit unbekannt.

Schimpanse wartet auf seine Freiheit

In einem späteren Stadium kommen die Tiere dann schließlich ins offene Gehege, wo sie auf ihre Auswilderung warten. Leider hat die Regierung von Sierra Leone derzeit kein Interesse oder Mittel, die Auswilderung der Tiere mit geeigneten Wildflächen zu unterstützen. Man habe bereits passende Gebiete ausfindig gemacht und auch „Dorf Wildhüter“ würden ausgebildet, um die umliegenden Dörfer und die dort lebende Bevölkerung für den Schutz der Tiere zu sensibilisieren. Doch bisher gibt es noch kein grünes Licht von Regierungsseite und so warten ca. 90 Schimpansen weiterhin auf ihre Freiheit, die maßgeblich zum Erhalt der bedrohten Tiere beitragen würde. †Wir machen uns also voller Vorfreude auf den Weg zur Schimpansen Auffangstation. Über eine mehr als steile Straße geht es zum Eingangsbereich, von wo aus wir eine ca. einstündige Tour durch die Gehege inklusive Fütterung mitmachen können. Dabei muss man allerdings ganz schön auf der Hut sein, da die Schimpansen zur Verteidigung ihres Reviers gerne Steine auf Eindringlinge werfen – in diesem Fall Touristen. Als Affenfreund, bin ich am Ende sehr begeistert von der Tour und der Hingabe, mit der den Affen das Leben in Freiheit wieder ermöglicht werden soll. Dennoch schwingt natürlich auch etwas Trauriges beim Besuch der Schimpansen mit, da diese Lebewesen, die unserer menschlichen DNA so ähnlich sind, wohl auf kurz oder lang aussterben werden, wenn nicht mehr für den Schutz der Tiere getan werden kann.