Guinea-Bissau – Teil 1: Visa-Wahnsinn in Bissau

Jenseits der Grenze von Guinea-Bissau, das früher eine ehemalige portugiesische Kolonie war und daher Portugiesisch als Amtssprache behalten hat, erwarten uns sehr schlecht erhaltene Straßen, welche die gerade am Grenzposten entrichtete Road Tax lächerlich erscheinen lässt. Während uns die schlechten Straßen in Kombination mit einer unerbittlich vom Himmel scheinenden Sonne ganz schön zu schaffen machen, freuen wir uns über die allgegenwärtige Herzlichkeit des Landes. Da sich zumindest in die ländlichen Gefilde kaum Touristen wagen, werden wir begeistert winkend von den Kindern begrüßt, wenn wir durch die kleinen Dörfer fahren und auch viele Erwachsene lachen uns zu oder heben die Hand zum Gruß. Ein Land voller Herzlichkeit trotz der vorherrschenden bitteren Armut. Natürlich erwarten uns auch auf der Strecke Richtung Hauptstadt diverse Police Checks, doch verlaufen auch diese entgegen unseren bisherigen Erfahrungen deutlich freundlicher, um nicht zu sagen beinahe lustig. Dies kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass wir kein Wort Portugiesisch sprechen und somit die Kommunikation mit Händen und Füßen verläuft. Ein Beispiel ist der Stopp kurz nach der Grenze. Hier werden wir von einem wohlgenährten, übereifrigen Staatsdiener aufgefordert den Wagen anzuhalten. Max parkt brav am Seitenrand, doch wie so oft, will der Polizist, dass wir 5 Meter weiter vorne stehen bleiben. Die ganze Szenerie spielt sich unter einem tief wachsenden Mangobaum ab, der dem Polizisten während der Wartezeit auf neue Autos, Schatten spendet. Wir machen entsprechend per Gestik klar, dass wir aufgrund unseres Dachaufbaus keine 5 Meter mehr nach vorne fahren können, ohne dabei entweder dem Baum und seinen Früchten, oder unseren Dachzelt Schaden zufügen zu müssen. Nach einigem hin und her ist er einverstanden. Wäre das schon mal geklärt. Nun werden wir nach diversen Papieren gefragt. Da wir keine Ahnung haben, ob der gute Mann unsere Pässe, den Führerschein, die Versicherungskarte, das Carnet de Passage, den Straßenzollzettel oder unsere Impfpässe sehen möchte, halten wir ihm einfach alle Dinge gleichzeitig unter die Nase, was zu gemeinsamen Gelächter und längerem Suchen nach den richtigen Dokumenten führt. Da er scheinbar kein brauchbares Dokument gefunden hat, mit dem er uns eine Strafe anhängen kann, ist nun Rotkäppchen an der Reihe. Es werden Warndreiecke, der Verbandskasten und der Feuerlöscher gezeigt – auch hier keine Grund zur Beanstandung. Also nun die dritte und letzte Chance an Geld zu kommen: Der afrikanische TÜV: Blinker, Rücklichter, Bremslichter & Co. werde abgefragt, vorgeführt und für funktionstüchtig befunden. Die Kommunikation verläuft per Mimik & Gestik versteht sich. Nun hilft alles nichts, er grinst uns an und zeigt an, dass wir weiterfahren können. Der Pkw, auf dem 3 Personen sitzen (man beachte das Wort „auf“, nicht „in“), wird dabei unbescholten durchgewunken. Da gab’s wohl kein Geld zu holen. 

Baguette Kauf auf dem Weg Richtung Bissau – überall freundliche Menschen

Wir fahren also nach bestandenem TÜV weiter Richtung Hauptstadt Bissau und erreichen diese einige Stunden und 1.000de Schlaglöcher später bei über 40 Grad. Die Unterkunft, die wir uns als Standort für die Visa-Beschaffung für Nigeria, Guinea und Elfenbeinküste rausgesucht haben, liegt etwas außerhalb der Stadt, bietet uns aber die Möglichkeit abseits vom Großstadtrummel zu nächtigen und per Taxi die Visaangelegenheiten zu regeln ohne dabei mit Rotkäppchen stundenlang im Stadtverkehr rumkurven zu müssen.

Papageien-Verschnitt am Übernachtungsplatz

Der deutsche Besitzer, der hier scheint’s seit knapp 40 Jahren residiert, hat sich seine deutschen Gepflogenheiten bewahrt und gibt uns erst einmal eine Einweisung, was wir hier alles nicht dürfen: hier die Top 3 seiner witzigsten Verbote: (1) nicht den Pool reinigen (2) nicht die Pumpe ausbauen, um Wasser aus den Brunnen zu zapfen (3) nicht in die umliegendem Häuser anderer Gäste gehen und dort Stromkabel rauslegen, um eigene Geräte zu betreiben. Da wir keine dieser absurden Dinge vorhaben, lässt er uns netterweise hier campen. Als wir einen Schwumm im Pool machen, gesellen sich noch zwei weiter Overlander zu uns: Amy und Christos aus London, die allerdings gebürtig von den Fijis bzw. aus Kenya kommen und nun England den Rücken kehren, um nach Kenya auszuwandern. Nicht aber, ohne vorab einmal mit dem Auto nach Südafrika und anschließend nach Kenya gefahren zu sein. Ihr Zeitplan ist ähnlich wie unserer und wir sind uns sofort sympathisch. Doch zu dem Zeitpunkt ahnen wir noch nicht, dass sich unsere Wege mehrfach kreuzen werden und wir zum Teil gemeinsam Afrika entdecken werden. Am Abend lernen wir auch noch ein deutsches Pärchen kennen, die etwas gemächlicher als wir durch Afrika reisen. Abends bei dem einen oder anderen Bier tauschen wir uns über die bisher gemachten Erfahrungen aus und genießen den lauschigen Abend. 

Der nächste Tag ist geprägt von Behördenläufen. Als erstes gehen wir zu Fuß zur Botschaft von Nigeria, die in der Nähe unserer Unterkunft gelegen ist. Dort empfängt man uns sehr freundlich, allerdings wird uns sofort mitgeteilt, dass wir hier kein Visum bekommen können. Man informiert uns aber darüber, dass wir es in den kommenden Ländern in den Botschaften mit Invitation Letter, Ausweiskopie des Einladenden, Hotelreservierung, Flugticket und Letter of Intent versuchen sollen. Zum Abschied gibt man uns noch den Tipp nie jemanden im Auto mitzunehmen und keinem in Nigeria zu trauen. Maximal der Polizei und auch das nicht immer. Na, das sind ja tolle Aussichten – sowohl was die Visumbeschaffung als auch den Nigeria-Besuch angeht. Schnell weiter zur nächsten Botschaft. Diese liegt im Zentrum von Bissau und um unsere Nerven und Rotkäppchen zu schonen, lassen wir den Landy bei der Unterkunft stehen und nehmen ein Taxi in die Stadt. Nicht, ohne vorab den Preis für ne Stadtfahrt in Erfahrung gebracht zu haben, um einen Anhaltspunkt für die Preisverhandlung mit dem Taxifahrer zu haben. In diesem Fall ist es wieder ein geteiltes Taxi, das auf dem Weg immer wieder Leute einsammelt und auswirft und dabei nicht immer den direktesten Weg zum Ziel wählt. Wie das Taxi noch fahren kann ist uns schleierhaft. Wir haben das Gefühl, dass das hintere Ende des Taxis locker ist und wir jeden Moment mit dem Po auf der Straße landen könnten. Max stellt zudem bei einem rasanten Überholmanöver mit Blick auf den Tacho fest, dass dieser konstant bei 0 steht. So hat man zumindest ne gute Ausrede, wenn man wegen zu schnell Fahrens von der Polizei angehalten wird.

Wir genießen auf jeden Fall die Taxifahrt durch Bissau, die uns beiden erlaubt das Straßengewirr zu genießen und nicht wie sonst die Augen auf Verkehr oder die Karte gerichtet zu haben, um zu navigieren. Bei der Botschaft von Guinea angekommen, hat es bereits 40 Grad und die Taxi Fahrt hat uns zusätzlich Schweißperlen auf die Stirn gezaubert. Nichts wie rein in die Botschaft, mit der Hoffnung auf einen klimatisierten Büroraum. Aber weit gefehlt. Als erstes werden wir mit diversen Kopieaufträgen wieder auf die Straße geschickt. Neben unserer Versicherung und dem Fahrzeugschein, müssen auch noch unsere Guinea-Bissau Visen kopiert eingereicht werden. Nach erledigtem Kopieren der Unterlagen beim nächstgelegenen Kopiershop, dürfen wir schließlich zum zuständigen Beamten in sein Büro, das das Gegenteil von klimatisiert ist. Ein Saunagang ist nichts dagegen. Und so lässt er uns erst einmal einige Minuten ungeachtet auf der flauschig warmen Gästeplüschcouch sitzen, bevor er uns zwei Anträge in die Hand drückt, die wir ausfüllen sollen. Gesagt, getan. Wir versuchen die vom Gesicht tropfenden Schweißperlen so gut wie möglich vom Visa-Antrag fernzuhalten und sind froh, als wir alle Felder des 3 seitigen Antrags ausgefüllt haben. Doch jetzt geht erst der schwierige Teil los – die Preisverhandlung. Richtig gelesen – das Schlitzohr von Beamter nennt uns als erstes den Preis für ein Single Entry Visa (30.000 CFA) und wir erklären ihm, dass wir planen mehrfach einzureisen und daher ein Multiple-Entry-visa (45.000 CFA) benötigten. Hier scheint er wohl das große Geld zu riechen und bittet uns zu warten. Zwar wäre uns in dem Moment nichts lieber als an die frische Luft zu kommen, doch in der Hoffnung auf eine schnelle Ausstellung des Visas bleiben wir artig dort wie uns geheißen. Nach etwa 15 Minuten kommt der Beamte mit unseren Ausweisen zurück und erklärt, dass das Visum nun fertig sei und 60.000 CFA kostet, sprich doppelt so viel wie das Single Entry Visa. Da wir uns vorab über die Preise informiert hatten, wissen wir, dass 45.000 CFA der offizielle Preis ist. Daher händigen wir ihm die 90.000 CFA für beide Pässe aus. Er fängt daraufhin an, mehr als ungehalten zu sein und redet lautstark auf uns ein, wobei wir nur Bruchstücke verstehen können. Wir aber versuchen ruhig zu bleiben und erklären ihm, dass er uns doch bitte eine offizielle Preisliste zeigen soll, die seinen fiktiven Preis anzeigt. Diesen Einwand ignoriert er. Ab diesem Zeitpunkt wissen wir, dass wir im Recht sind und schnappen uns die Ausweise. Auf meine mehrmalige Frage, ob wir jetzt gehen können und ob das jetzt so passe, lässt er uns mit einem „C’est pas bon!“ und einer Handbewegung, die bedeuten soll, dass wir abhauen sollen, gehen. Wir verlassen erleichtert die Botschaft, zum einen froh dem jähzornigen Beamten entkommen zu sein, der sich 30.000 CFA „Bearbeitungsgebühr“ in die eigene Tasche stecken wollte und zum anderen froh den stickig, heißen Raum endlich verlassen zu können.

Nächster Stopp – Botschaft Elfenbeinküste. Diese befindet sich sehr versteckt in einer Seitenstraße, was dazu führt, dass wir zunächst versehentlich im Justizministerium/Gericht landen. Schnell weg hier, nicht dass ihnen noch einfällt uns für irgendwas zu belangen. Im richtigen Gebäude angekommen, müssen wir erneut diverse Formulare ausfüllen und man informiert uns, dass der Pass am nächsten Tag gegen 12 Uhr mittags abholbereit wäre. Und so haben wir für heute unsere Behördenerlebnisse erfolgreich hinter uns gebracht und können uns endlich der eigentlich sehr schönen und interessanten Hauptstadt Bissau widmen. Als erstes gönnen wir uns ein leckeres Omelette-Baguette am Straßenstand und danach streunen wir noch einige Zeit durch die belebten Straßen, die teils gesäumt sind von verfallene  oder auch restaurierten portugiesischen Kolonialbauten. Obwohl wir die lokale Sprache nicht beherrschen, werden wir überall mit einem Lächeln, viel Verständnis und Herzlichkeit empfangen.

Am Nachmittag, nach einer weiteren spannenden Taxi Fahrt zurück zu Rotkäppchen, lassen wir den Tag entspannt am Pool ausklingen und ich versuche stundenlang einen neuen Blogbeitrag live zu stellen, was mit einer minütlich unterbrochenen W-Lan Verbindung und einem endlos dauernden Bilderupload einiges an Nerven kostet und am Ende dann doch nicht funktioniert. Abends backe ich noch mit dem frisch in Bissau erstandenen Mehl ein Banana-Pull-Apart-Bread in unseren Omnia-Backofen und wir gehen ziemlich erschöpft, aber glücklich mit unserer Tagesleistung ins Bett.

So ein Pool hat schon was bei 40 Grad +