Mauretanien – Von Nouadhibou über Nuakschott nach Diama

Nach einer erneut sehr windigen und unruhigen Nacht, brechen wir kurz nach Sonnenaufgang in Richtung Grenze auf. Nach einem schnellen Kaffee-Stopp und nach Ausgabe der letzten Dirham für Brot (mit hungrigen Magen das Grenzprozedere zu überstehen ist selten eine gute Idee), düsen wir zur Grenze. Der erste große Grenzübergang steht an. Auf marokkanischer bzw. Westsahara Seite ist zwar nicht gleich ersichtlich, was wir wo erledigen müssen, doch man ist hier sehr freundlich und man hilft uns gerne weiter. Vor Ausreise aus Marokko wird noch ein Auto-Scan verordnet. Das heißt für uns einmal zwischen LKWs in die Warteschlange stellen und warten, bis wir Rotkäppchen in eine Art große Halle fahren dürfen, wo ein an einem LKW angehängter X-RAY auf uns wartet. Nach kurzem Röntgen dürfen wir weiterfahren – inklusive Drohne und Alkohol an Board. Schwein gehabt, würde der Moslem sagen ;).

Nach weiteren verwirrenden Kontrollen ist schließlich auch Rotkäppchen ausreisebewilligt und wir betreten Niemandsland. Zwischen Mauretanien und Marokko liegt nämlich ein schmaler Streifen Land, der zum einen noch vermient sein soll und zudem als Schrottplatz dient. Überall stehen Autowracks und anderer Müll zwischen den Dünen. Dubiose Schlepper bieten hier ihre Hilfe für den Übertritt nach Mauretanien an und einige scheinen in den ausgeschlachteten Wagen tatsächlich zu wohnen. Ein Ort, wo man sich nicht zwingend länger als nötig aufhält. Während der erste Teil der Strecke noch asphaltiert ist, gehen die letzten Kilometer über undefinierte Sandpisten. Da der Harmattan Sand-Sturm nun wieder aus den Vollen bläst, ist es gar nicht so einfach die richtige Strecke zu finden – falls es überhaupt hier einen „korrekten“ Weg gibt?

Endlich erreichen wir die mauretanische Grenze, allerdings geht hier erst der tatsächliche Grenzärger los.

Zuerst die Fixer links liegen lassen, die einen in Scharen gegen Geld schnell über die Grenze lotsen wollen. Dann im ersten Büro die Ausweise kontrollieren lassen – nach anfänglichen Sprachschwierigkeiten und einem mehr als genervten Beamten, weil wir ihn einfach nicht verstehen wollen, geht’s weiter zum nächsten Büro fürs Visa. Doch dort ist erst einmal warten angesagt, da scheinbar die dortigen Beamten noch nicht aufgekreuzt sind. Wir sitzen zusammen mit 20 Männern 2 Stunden im offenen Hof des Visa-Gebäudes, das dem Sand-Sturm hilflos ausgesetzt ist, bis schließlich die Beamten doch aufkreuzen. 30 Minuten später und 110€ ärmer halten wir unsere Pässe mit Visa in den Händen. Weitere 30 Minuten vergehen, bis auch Rotkäppchen offiziell einreisefähig ist. Hallo Mauretanien! 

Endlich in Mauretanien angekommen!

Wie wir bereits in der Westsahara feststellen mussten, sammeln die Beamten in Mauretanien ebenfalls fleißig „Fiches“, d.h. Zettel mit unseren & Rotkäppchens Passdaten. Bis wir Nouadhibou, die nördlich gelegene Großstadt in Mauretanien erreicht haben, sind wir entsprechend die ersten 10 der aus Deutschland mitgebrachten Zettel los. In Nouadhibou treffen wir pünktlich zum freitäglichen Nachmittagsgebet ein. D.h. alle strömen mit ihren Gebetsteppichen & -matten in Richtung Mosche, allerdings sehen wir auch zum ersten Mal viele Muslime vor der Mosche, vor Geschäften oder vor ihrem an der Seite geparkten Wagen beten. Den Gebetsteppichen trotzdem fein säuberlich gen Mekka ausgerichtet. Wir genießen die damit einhergehende Leere auf den Straßen und kommen relativ schnell zu unserem heutigen Camping-Spot. Gemäß der von uns häufig genutzten App iOverlander soll man in der Nähe des Hafens von Nouadhibou bei einem Hotel campen können. Und tatsächlich erlaubt uns der Hotelmanager an der dem Hotel vorgelagerten Hafen-Promenade in einem abgesperrten Bereich kostenfrei zu campieren und die Hoteltoiletten, W-LAN und Strom zu nutzen. Die Gastfreundschaft in Mauretanien scheint wohl tatsächlich so groß zu sein, wie wir zuvor gehört haben. Nur der Harmattan verhindert erneut eine ruhige Nacht und entsprechend gerädert krabbeln wir morgens aus dem Auto (Wir mussten erneut auf dem Notbett schlafen, da an das Aufklappen des Zeltes nicht zu denken war). Und so starten wir begleitet von einem fiesen Sand-Sturm, der einem schmerzhafte Peitschenhiebe verpasst, unseren ersten Tag in Mauretanien.

Sandsturm auf der Nationalstraße

Die 3 Highlights von Nouadhibou (Mönchsrobben, Schiffsfriedhof und der 3 Kilometer(!) lange Eisenerzzug) bekommen wir leider nicht oder nur schemenhaft zu Gesicht und auch die Fahrt durch die Wüste entlang der Bahnstrecke schenken wir uns – eine Orientierung wäre bei einem derartigen Sturm ohne GPS-Track unmöglich gewesen. Außerdem ist die Vorstellung im Sand-Sturm Rotkäppchen versehentlich im Sand festzufahren wenig verlockend.

Also mit Vollgas Richtung Nuakschott, der Hauptstadt Mauretaniens. Es geht dabei durch ziemlich trist wirkende Gegenden, immer wieder rechts und links der Straße Autowracks. Zudem ist die Straße regelmäßig von Sanddünen verschüttet und fordert entsprechend hohe Aufmerksamkeit vom Fahrer. Rotkäppchen bekommt dabei auch einige Sandpeitschen von den entgegenkommenden LKWs ab, was zu vielen Mini-Steinschlägen auf der Windschutzscheibe führt. Umso glücklicher sind wir, als wir nachmittags mit fast leerem Tank die Hauptstadt erreichen. Nach einer Tankladung für Rotkäppchen suchen wir uns schließlich einen schönen Spot zum Übernachten direkt am Meer. Nachdem wir am späten Nachmittag noch das Treiben auf dem Fischmarkt und das Entladen der großen Fischerboote beobachten konnten, genießen wir abends frischen Fisch und Schrimps. Ein versöhnlicher Ausklang eines windig-sandigen Tages.

Nach einem schönen Sonnenaufgang düsen wir los in Richtung senegalesische Grenze. Zunächst geht es ziemlich unspektakulär auf Asphaltstraße entlang. Wieder werden wir massenweise unsere Fiche-Zettel los, welch oft von dick vermummten Polizisten entgegengenommen werden, die sich mit Hilfe ihrer Verhüllung vorm Sand-Sturm schützen wollen. Kurz vor der Abzweigung Richtung Diama-Staudamm, wo der etwas abgelegeneren und deutlich weniger korrupte Grenzposten sein soll, werden wir von einem silbernen Pkw angehalten, der uns scheinbar zur korrupten Grenze in Rosso schleusen möchte. Da wir bereits davon gelesen haben, lassen wir den Schleuser links liegen und fahren auf zunehmend schlechterer Piste weiter. Die Straße führt mitten durch einen Nationalpark (Parc National Diawling) und so kommen wir in den Genuss von kreuzenden Warzenschwein-familien, Pelikanen und im Sumpf dösenden Krokodilen.

Von der örtlichen Dorfpolizei werden wir in gewohnter Manier aufgehalten und nach einem „cadeau“ (Geschenk) befragt. Nach längerem Hin-& Her und einigen Scherzen dürfen wir passieren, auch ohne „Wegzoll“. Da die Grenze nur noch wenige Kilometer entfernt liegt und wir erst morgen das Grenzprozedere über uns ergehen lassen wollen, versuchen wir ein Nachtquartier ausfindig zu machen. Die einzige Herberge kostet allerdings 20€, was uns zu teuer ist, daher fragen wir beim Nationalpark nach. Daraufhin bittet man uns erst einmal auf einen Tee herein. Wir dürfen auf den Betten der 3 Männer Platz nehmen, und schon beginnt die Teezeremonie. Immer wieder wird Wasser aufgekocht, Tee hineingegeben, danach erneut aufgekocht, getrocknete Minze und eine große Portion Zucker zugegeben und danach wird der Tee mehrfach in kleinen Gläsern hin-& gegossen, bis er ordentlich schäumt. Anschließend alles wieder zurück in den Teekessel und nochmals aufkochen. Aus Ermangelung an Gläsern, teilen wir uns zu fünft drei Gläser und die Prozedur geht nach dem Leeren der kleinen Kanne von vorne los. Irgendwann hören wir auf zu zählen und versuchen herauszufinden, ob wir denn abends tatsächlich neben dem Gebäude campen dürfen. Die Antwort lautet, wir sollen uns gedulden, Tee trinken und warten bis der Patron des Hauses zurückkommt. So nett und interessant auch das stundenlange gemeinsame Teeschlürfen ist, mit fortschreitender Uhrzeit werden wir leicht unruhig. Doch nach 3h und jeder Menge Tee (ich hätte kein Glas mehr trinken können), trifft endlich der Hausherr ein und erlaubt uns zu bleiben – kostenlos. Man bietet uns an im Haus zu schlafen und zu kochen, doch wir lehnen dankend ab. Wahnsinn diese Gastfreundschaft in Mauretanien! 

Am nächsten Morgen geht’s über die Grenze. Nachdem wir erfolgreich fiktive Kosten für das Ausstempeln der Dokumente wegdiskutiert haben (8 Euro wollten sie dafür haben!), Reisen wir in den Senegal ein. Natürlich nicht ohne erneute Gebühren für den Passstempel wegzudiskutieren. Nach 1,5h ist der zweite Grenzübergang geschafft und wir haben unser Visum für Senegal. Nur der Carnet de Passage, d.h. Rotkäppchens Papiere konnten wir nicht stempeln lassen – diese müssen innerhalb von 3 Tagen in der Hauptstadt Dakar ausgefüllt werden – einfach unnötig, aber was will man machen?