Marokko – Teil 4: Tafraoute, der Anti-Atlas und Legzira

Allein die Anfahrt nach Tafraoute lässt den morgendlichen Ärger über die verloren geglaubte Kamera schwinden. Der Anti-Atlas, der dritte im Bunde der Atlanten  (oder wie lautet der Plural von Atlas?) stellt sich als das schönste Gebirge Marokkos für mich heraus. War die Dades-schlucht beeindruckend und das Rosental malerisch, wurde hier einfach ein Fleckchen Erde geschaffen, das seines Gleichen sucht! Hinter jeder Kurve, die wir uns weiter hochschrauben steckt ein neuer, toller Ausblick, der einem ein kleines „Wow“ entlockt. Es sind surreale Felsformationen, die auf gigantische Weiten treffen und einem zum Träumen einladen. Dazwischen immer wieder kleine Dörfer aus Lehm und Stein, die wie kleine Adlerhorste am Felsen kleben oder mitten in der Landschaft wie Burgfestungen wirken. Leider lässt sich das fotografisch nicht so festhalten, wie wir es in live erleben dürfen: 

Auch Tafraoute, unser heutiges Ziel, empfängt uns sehr freundlich. Da das Mandelblütenfest die kommenden Tage stattfinden soll, hat sich das Dorf rausgeputzt und überall wehen bunte Fahnen an der Straße – nur Mandelbäume sehen wir kaum welche, dafür jede Menge Oliven und Argan-Bäume…unsere Vermutung ist, dass entweder ein Schädling sein Unwesen hier getrieben hat, oder das Wetter zu trocken war. Nachdem wir uns auf einem vollkommen überfüllten, kleinen Campingplatz einen Stellplatz gesucht haben, laufen wir in die Stadt und lassen uns durch den Wochenmarkt treiben. Als Stärkung gibt’s schließlich Minztee mit Schmalzgebäck und wir genießen den herrlichen Blick auf das bunte Straßentreiben von der Cafe Terrasse aus. Dabei ist es nicht nur spannend die Einheimischen zu beobachten (seitdem uns das österreichische Ehepaar, das wir in Marrakech getroffen haben gesagt hat, dass die Marokkaner ihren Alkohol, der ja vor Allah verboten ist, in der Kapuze ihrer Kutte transportieren, versuche ich dies mit eigenen Augen wahrzunehmen- bisher ohne Erfolg).

Auch die Touristen sind beobachtenswert – primär französische Rentner-Paare, die in Marokko überwintern, durchmischt von ein paar Individualtouris, paar Hippies und dazwischen einige Familien. Auch Liegeradfahrer kommen vorbei, Eseltreiber und ein Pickup mit einer Kuh auf der Ladefäche. Wir könnten ewig hier bleiben! Und so fassen wir den Entschluss tatsächlich noch eine Nacht länger hier im Anti-Atlas zu verbringen. Nicht im überfüllten und wenig charmanten Campingplatz, sondern im Gebirge. Gleich morgens, nachdem wir uns beim „Berber-Bäcker“ auf kleinen heißen Steinen gebackenes Brot geholt haben, verlassen wir die Stadt und fahren zu den Bunten Steinen Nähe Tafraoute.

Brotbäckermeister nach Berber-Rezept
Es schmeckt super!

Dort hat der Künstler Jean Verame vor einiger Zeit die lustig zusammengewürfelten und per se schon spannend anzuschauenden Felsen zum Teil mit pastelligen Farben versehen. Ein ungewohnter und schöner Anblick. Wir suchen uns ein schönes Park-& Übernachtungsplätzchen für Rotkäppchen und starten dann unsere Wanderung durchs bunte Gebirge. Vorbei an den bunten Felsen, besteigen bzw. erklettern wir einige kleinere Gipfel, was zum Teil abenteuerliche Kletterpartien mit sich bringt. Doch die Anstrengung lohnt, da der Ausblick jedes Mal aufs Neue begeistert.

Nach 15 Kilometer Wanderung kommen wir ziemlich erschöpft wieder bei Rotkäppchen an und genießen abends neben leckeren Berber-Brot mit Avocado-Tomate die untergehende Sonne am Horizont. Der Extra-Tag im Anti-Atlas hat sich gelohnt. 

Der kommende Tag startet mit einem großen Stück von Ulrike’s (Max‘ Mama) köstlichen Eierlikörkuchen und nem Kaffee (Wenn die Zöllner wüssten, wie viel Eierlikör in diesen  Kuchen gepasst hat, hätten Sie ihn uns bei der Einreise nach Marokko aufgrund der Alkoholbegrenzung abnehmen müssen 😉 ). Danach beginnen wir unsere Fahrt Richtung Küste, genauer gesagt Legzira. Ein Bilderbuch Strand aus rötlichem Gestein, der von einem runden Torbogen und diversen Felsformationen durchsetzt ist. Als wir ankommen, landen gerade diverse Gleitschirmflieger am Strand – scheinbar ist hier das absolute Eldorado für diesen Sport.

Wir genießen den Strand, die Sonne und eine leckere, dampfende Fisch-Tajine. Mit dem Parkwächter vereinbaren wir, dass wir nachts bei ihm stehen bleiben dürfen – aufgrund des starken Windes und der regelmäßig aufkreuzenden, dubiosen Autos einschließlich Polizeistreife wird es allerdings eine eher unruhige Nacht. 

Der nächste Tag soll etwas entspannter werden – wir wollen endlich mal wieder duschen, W-LAN nutzen und etwas Wäsche waschen. Daher steuern wir das hochgelobte Camp Fort Bou Jerif an, das in Mitte einer unwirtlichen Gegend mit einem wunderschönen Stellplatz, einem Pool und sauberen Anlagen glänzt. Wir nutzen die Gelegenheit um uns und ein wenig Wäsche zu reinigen und auch Rotkäppchen etwas zu pimpen. Zu Fuß machen wir uns dann auf den Weg zu dem nahegelegenen Fort, das von Franzosen vor einigen Jahrzehnten erbaut und nun dem Verfall geweiht ist. 

Leider klingt der Tag nicht so idyllisch aus, wie wir gehofft hatten. Eine 40-köpfige Gruppe bestehend aus Franzosen & Polen fällt mit 20 Geländewagen in den Campingplatz ein und erobert ihn binnen weniger Minuten. Rotkäppchen wird umstellt, die Musikboxen werden aufgebaut und es ist vorbei mit der idyllischen Ruhe. Als gegen Mitternacht der letzte grölende Pole ins Bett gegangen ist, sind wir genervt und freuen uns auf einen tiefen Schlaf. Doch dieser wird Punkt 6 Uhr (gegen 8 Uhr geht erst die Sonne auf) zunichte gemacht. 40 Personen machen sich lautstark an ihren Autos zu schaffen, starten ihre Motoren (um ihren Sandwichtoaster zu betreiben!) und nehmen lautstark den Campingplatz wieder in Beschlag.

Wir ergreifen die Flucht und starten über sehr schlechte Pisten unseren Weg in Richtung Plage Blanche – ein zig Kilometer langer Strandabschnitt, der nur über Pisten erreichbar ist und daher wenige Touristen zu Gesicht bekommt.

Die Pisten dorthin fordern uns ziemlich und wir sind froh, als wir nach stundenlanger Holper-Tour endlich den Strand erreichen. Da wir allerdings weit und breit kein anderes Auto ausfindig machen können, das hier den Strand entlang fährt (scheinbar bei Ebbe machbar), biegen wir nach einigen Kilometern wieder zurück auf die Ruckelpiste. Die Vorstellung alleine im Sand stecken zu bleiben und die Flut kommen zusehen erscheint uns nicht wirklich erstrebenswert. So fahren bzw. schleichen wir weiter nach Tan-Tan, die letzte größere Stadt vor der Westsahara. Dort machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Draa-Delta in der Hoffnung auf einen schönen Wild-Stellplatz.

Der Ort wäre malerisch, doch scheinen die französischen Wohnmobile vor einiger Zeit diesen Platz so sehr in Anspruch genommen zu haben, dass nun dicke Verbotsschilder das Campen untersagen. Also doch auf einen Campingplatz am Strand Tan-Tan Plage. Zumindest rücken einem dort die weißen Tupperdosen nicht so auf die Pelle und wir können einigermaßen gut stehen. 

Wir kommen der Westsahara näher…