Marokko – Teil 3: Zwischen MARRAKECH und AGADIR

Der nächste Tag beginnt mit einem ausgiebigen Omelette Frühstück in Ouazazate – eine Filmstadt in der schon diverse Hollywood-Reißer gedreht wurden und aufgrund ihrer Kulisse auch heute zu einem der beliebtesten Filmlocations Afrikas gehört. Den restlichen Tag verbringen wir damit uns Marrakech zu nähern, das einmal jenseits des Hohen Atlas Gebirges liegt und somit nur über den Tichka-Pass (2.200m) zu erreichen ist. Während die Anfahrt noch über traumhafte, kurvige Straßen nach oben, den schnee-bedeckten Hängen entlang führt, ist die Abfahrt eher nervig, da die gesamte Strecke gerade neu ausgebaut wird und man daher andauernd über schlammige Umleitungen gelenkt wird und nur im Schneckentempo vorankommt.

Umso schöner und erholsamer ist dann unser Aufenthalt am Campingplatz der Familie Schatz vor den Toren Marrakechs. Während wir zuerst etwas unfroh über den vollen Platz mit fast ausschließlich deutschen Camping-Mobilen sind, stellen wir schnell fest, dass nicht nur der Platz mit Pool wunderschön ist, sondern auch die Besitzer mit einem großen Herz ihre Gäste bewirten.

So lädt Aicha, die Hausherrin, abends zur Teerunde ein und wir kommen ins Gespräch mit einem sehr unterhaltsamen österreichischen Pärchen, das mehrere Monate und das zum wiederholten Male in Marokko verweilt und daher einige Tipps und nette Geschichten parat hat. Morgens bekommen wir frisches Brot kostenlos (!) an Rotkäppchen geliefert – was will man mehr? Naja – Marrakech erleben – und so starten wir in der Früh Richtung Großstadt. Dort lassen wir Rotkäppchen auf einem bewachten Parkplatz stehen, der gleichzeitig auch unser Nachtquartier werden wird (Tipp vom österreichischen Rentnerpaar – Lissi & Beppi).

Der Tag in Marrakech ist laut, wuselig, bunt, lebendig und vor allem kontrovers. Die Stadt besticht mit ihren verwinkelten Gassen in der Altstadt und gleichzeitig modernen Parks und Flaniermeilen in der Neustadt. So treffen H&M und HUGO BOSS auf Marktstände mit bunten Tüchern und Gewürzbuden. So treffen Schlangenbeschwörer und Affen-Dompteure auf dem Gauklermarkt auf VR-Brillen und Laserpointer. Eine Stadt, die Tradition und Moderne in sich vereint und gleichzeitig hinter jeder Ecke etwas Neues, Unvermutetes zu präsentieren weiß. Ein Highlight unseres Marrakech Besuchs ist dabei das Yves Saint Laurent Museum, oder viel mehr noch der angeschlossene Garten, der wie eine Oase inmitten des lauten Marrakech liegt und neben einem tollen Farbspiel aus grüner Natur und blau-gelben Fassaden es auch schafft, dass der von der Stadt getriebene Besucher einmal kurz innehalten, durchschnaufen und das gerade erlebte Gewusel verarbeiten kann. Den Abend lassen wir in einem der Dachterrassen-Restaurants ausklingen, von wo aus man die winzigen Gassen beobachten und die vorbeiwuselnden Touristen und Marokkaner in Kombination mit halsbrecherisch durch die Gassen sausenden Fahrrad- & Mopedfahrern bestaunen kann. Auf dem Weg zurück zu Rotkäppchen passieren wir nochmals den Gauklermarkt. War dieser mittags noch kaum belebt und nur von Touristen besucht, verwandelt sich dieser am Abend zur Flaniermeile für Marokkaner. Neben großen Essensständen, die u.a. gegarten Ziegenkopf anbieten, finden sich hier zahlreiche Geschichtenerzähler, um die sich die männlichen Besucher wie eine Traube scharren (warum keine Frauen hierbei anwesend sind/sein dürfen, bleibt unklar). Wahrsagerinnen lesen aus der Hand und auch das Glücksspiel kommt nicht zu kurz. Der Platz scheint zu kochen und zu pulsieren und es macht Spaß, sich durch das Geschehen treiben zu lassen und die Einheimischen dabei zu beobachten, wie ausgelassen sie sich bei dieser Jahrmarktstimmung benehmen.


Nach einer etwas kuscheligen Nacht im Wageninneren (Rotkäppchens Dachzelt wollten wir auf dem Parkplatz nicht ausbreiten) holen wir uns noch ein Frühstück in Marrakech und setzen dann unsere Reise fort in Richtung Essaouira an der Küste. Ein kurzer Zwischenstopp bei einer Autowerkstatt, wo wir unsere Differential-Sperre überprüfen und reinigen lassen, da diese sich nicht einlegen hat lassen, und schon geht’s weiter ans Meer.

Essaouira empfängt uns mit warmen Temperaturen, blauem Himmel, weißen Gebäuden und blauen Türen. Das Städtchen ist geprägt von den Spaniern und Portugiesen, die dieses einige Zeit besetzt gehalten haben und entsprechend fühlt man sich bei dem Besuch der Stadt ein wenig nach Portugal versetzt. Diese Stadt weist sehr viel Charme auf und gefällt uns wahnsinnig gut – kein Wunder, dass sich hier schon seit einiger Zeit viele Aussteiger niedergelassen haben und hier ihr Künstler-Dasein ausleben. Der Fischmarkt an einem Ende der Stadt ist zwar nichts für feine Nasen, aber hat wahnsinnig viel Flair. Am Himmel kreisen die Möwen, während unten der Fischfang an Land gebracht und direkt frisch an Restaurants oder Einheimische verkauft wird. Ein tolles Schauspiel.

Leider haben wir noch einiges an Strecke vor uns und daher brechen wir nach ein paar schönen Stunden in der Stadt auf und fahren weiter Richtung Sidi Kaouki – ein Strandabschnitt südlich von Essaouira. Hier finden wir einen netten Campingplatz (Sidi Kaouki Soleil) und laufen noch ein wenig am Strand entlang, bevor sich die Sonne malerisch am Horizont von uns für diesen Tag verabschiedet.

Der nächste Tag beginnt sportlich – wir gehen am Strand joggen, um zum einen die aufgehende Sonne am Horizont zu beobachten, aber natürlich auch, um den Körper in Schwung zu bringen. Die Nacht war unruhig vor allem durch das andauernde Hundegebell und das Tosen der Wellen. Morgens wird man außerdem täglich vom Muezzin-„Gebets-Gesang“ geweckt – je nach Verstärkeranlage und Stimmgewallt schön oder weniger schön. Nach einem kurzen Mandarinen-Oat Frühstück starten wir Richtung Agadir entlang einer malerischen Küstenstraße, die immer wieder aufs Neue einen anderen Blick aufs Meer preisgibt. Mal sind es ausgewaschene Felsen, mal sandige Klippen, mal feiner Sand oder Kieselstrand, die hier die Küste abstecken. Immer wieder halten wir an, um Fotos zu knipsen, auch wenn die ein oder andere Stelle scheinbar Vogelschutzgebiete sind und wir weggescheucht werden.

Am Morgen haben wir erfahren, dass gute Freunde aus Hamburg heute Nachmittag in Agadir ankommen werden und daher bummeln wir gemütlich die Küstenstraße entlang. Nachmittags klappt tatsächlich das spontane Treffen und wir sitzen zu viert mit Claudi und Gregor an der Strandpromenade von Agadir – die um ehrlich zu sein nicht sonderlich viel zu bieten hat und genießen die Sonne. Abends brechen wir auf, um noch etwas südlich von Agadir vor Sonnenuntergang unseren angepeilten Camping-Platz zu erreichen. Camping Takat in Takate liegt in Nähe eines kleinen Strandabschnittes und ist unter französischer Führung. Wieder einmal stellt sich heraus, dass Wild-Campen schöner gewesen wäre. Ein Wohnmobil steht hier am anderen und ein Verbot-, Hinweis und Warnschild jagt das nächste. Zwar grüßt man sich meist höflich, doch trotzdem schwingt immer etwas Distanz mit und man fühlt sich innerhalb der hohen Mauern des Camps nicht sonderlich wohl. Umso glücklicher sind wir, als wir am nächsten Tag früh losfahren können, um am Strand einen Kaffee und Frühstück zu kochen. Doch soweit kommt es nicht – auf dem Weg zum Strand stellen wir fest, dass unsere Kamera verschwunden ist. Nach einigem Suchen und Diskutieren sind wir uns beinahe sicher – wir haben sie gestern mittags an der Küstenstraße auf einem Felsen am Küstenabschnitt liegengelassen. Wie uns das passieren konnte – oder besser MIR passieren konnte? Eigentlich ganz einfach – Max hatte die Kamera neben mich abgelegt und war etwas abseits rumspaziert. Als ich so verträumt auf die Wellen schaue, merke ich im Augenwinkel einen Haarschopf, der bei der Beifahrertür in Rotkäppchen reinschaut. Reflexartig spring ich auf, da ich befürchte, dass jemand durch unsere offenen Fenster ins Wageninnere greifen und unsere Handys & Geld herausfischen könnte. Der vermeintliche Dieb stellt sich allerdings schnell als harmlose britische Damen heraus, die nach uns gesucht hatten, da sie wissen wollten, ob man denn an diesem Küstenabschnitt campen könne. In diesem Trubel war die Kamera vergessen und wir ließen sie mutterseelenalleine in der prallen Sonne zurück auf einer Klippe.

Nach kurzem Abwägen entschließen wir uns also an diesem morgen zähneknirschend erneut durch Agadir zu fahren und entlang der Küste auf der Suche nach unserer Kamera. Die Chancen sind zwar gering, dass ein ehrlicher Finder sie tatsächlich aufgesammelt und an einem nahe gelegenen kleinen Café abgegeben haben könnte, da zum einen eine teure Spiegelreflex Kamera nicht gerade bei jedem wahre Aufrichtigkeit hervorruft, zum anderen, da die Kamera direkt am Wasser lag und die Flut sie auch leicht mitgerissen haben könnte. Aber ohne einen Versuch zu starten die Kamera und vor allem die bis dahin geknipsten Bilder wiederzubekommen, wollen wir Agadir nicht verlassen. Wir fahren also 2 Stunden zurück und haben tatsächlich Glück. Die Kamera liegt wie auf dem Präsentierteller mutterseelenalleine auf dem Felsen, wie wir sie zurückgelassen hatten. Nur, dass sie komplett in Meerwasser getränkt und salzig ist. Das Meer muss nachts in hohem Bogen über die Kamera hinwegfegt sein, doch bei einem kurzen Test lässt sie sich einwandfrei anschalten und scharf stellen. Auf NIKON ist doch verlass!

Mit deutlich besserer Stimmung als bei der Anfahrt, geht es nun erneut die gleiche Strecke zurück gen Agadir, um dann kurz darauf in Richtung Anti-Atlas abzuzweigen. Nächstes Ziel: Tafraoute