Ghana – Teil 3: Vom heiligen See und verrückten Göttern

Nach einigen Tagen an der Küste, beschließen wir ein wenig ins Landesinnere von Ghana zu fahren. Wir biegen also von der Küstenstraße ab in Richtung Kumasi und machen uns auf teils durchwachsener Straße Richtung Norden auf. Als Max plötzlich aufschreit und mit einem unerwarteten Manöver mit Rotkäppchen auf eine Tankstelle zufährt, ahne ich Schlimmes – Autoprobleme, Magenprobleme – alles ist möglich. Doch wie sich herausstellt, hat diese Spontanaktion einer positive Ursache: Max hat zufällig das Auto unserer Overland-Freunde Amy & Christos ausgemacht. Die Freude ist auf beiden Seiten groß und wir freuen uns besonders, die für eine Woche ebenfalls in Ghana mitreißende Freundin Zeynep kennenzulernen. Da wir das gleiche Tagesziel haben – Lake Bosomtwe – fahren wir die restliche Strecke gemeinsam weiter. Ein gemeinsames, gemütliches Mittagessen und das gemeinsame Suchen nach einem ruhigen Camping-spot machen gemeinsam gleich viel mehr Spaß.

Camping am Lake Bosomtwe mit Amy, Christos und Zeynep

Im Lake Point Guesthouse werden wir fündig und können dort unsere Zelte direkt am Wasser aufschlagen. Nur ein paar Fischer sind zu sehen, ansonsten keine Menschenseele, die uns hier stören könnte. Der Lake Bosomtwe gilt bei der örtlichen Bevölkerung als heilig und diverse Mythen kreisen um diesen See. So dürfen Fischer beispielsweise nur auf Holzbrettern sitzend und mit den Händen paddeln auf Fischjagd gehen, denn die Verwendung von Metallen in und um den See sind aus Glaubensgründen strengstens untersagt.

Nach einem kurzen Schwumm im Kratersee, der eigenartig blubbernd und leicht schlammig uns bzgl. seiner Wasserqualität etwas skeptisch stimmt, lassen wir mit unseren Freunden den Abend mit Gin Tonic und Blick auf den See ausklingen.

Blick von oben auf unseren Campingplatz am See

Doch die Idylle ist am nächsten Morgen vorbei, als wir uns vormittags ins Straßengewirr und den Stau von Kumasi stürzen. Die Provinzhauptstadt ist bekannt für ihren Markt, der als der größte Westafrikas gilt und auf dem man alles bekommt: vom toten Huhn bis hin zur Schuhcreme oder unansehnliche Touristensouvenirs. Die Sonne strahlt erbarmungslos vom Himmel, als wir uns am späten Vormittag schließlich zu Fuß auf den Weg machen um diesen Megamarkt zu erkunden. Gleich bei den ersten Stoffständen werden wir fündig: Bunte Stoffe, die von den Ghanaern für ihre Kleidung verwendet werden, ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Wir kaufen einige Meter Stoff und beschließen uns in den kommenden Tagen von einem Schneider Kleidung schneidern zu lassen. Danach kämpfen wir uns durch das geschäftige Treiben der verwinkelten Marktgassen und landen dabei im Secondhand-Department, in der Babyspielzeug-Shoppingmeile und im Süßigkeiteneck. Die Stände sind jeweils von einer Person besetzt, die schlafend, haareflechtend oder essend sich die Zeit bis zur nächsten Kundschaft vertreibt. Von überall her schreien Babys, passieren Warenträger und quetschen sich Kunden durch die engen Gassen. Ein interessantes und wuseliges Treiben, das zwar unterhaltsam aber zeitgleich auch kraftraubend ist. Entsprechend schnell beschließen wir nach 2 Stunden Marktgedränge den Lärm, die Gerüche und hektischen Menschen hinter uns zu lassen und suchen uns einen netten Ort zum Mittagessen.

Beim Lunch fällt dann auch der gemeinsame Entschluss einen Ausgleich zu diesem quirligen Erlebnis mit Hilfe eines Besuchs der auf dem Weg Richtung Hauptstadt gelegenen Wasserfälle zu finden. Doch wir unterschätzen die noch zu meisternde Strecke bzw. überschätzen die Qualität der Straßen. Und so finden wir uns schließlich in pechschwarzer Nacht auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit wieder. Zwar sind viele der Menschen, die wir nach Unterkünften befragen, freundlich und hilfsbereit, doch leider sind einige der Optionen geschlossen oder stellen sich als Partyhölle mitten im Dorf heraus, wo man nicht nächtigen möchte. Doch nach einigem Hin & Her mit dem Nachtwächter eines vor kurzem geschossenen Hotels, schaffen wir es unter der Hand ein Zimmer für Zeynp und zwei Stellplätze für unsere Autos zu organisieren. Trotz der allseits vorherrschenden Erschöpfung kochen wir uns noch schnell ein Abendessen, bevor wir dann zu fünft auf dem zum Teil bereits gebrochenem Bett in Zeyneps „Hotel-Zimmer“ sitzend den stimmungsvollen Afrikaklassiker „Die Götter müssen verrückt sein“ ansehen. Ein Abend, den wir so nie vergessen werden.

Zusammen mit Popcorn und einer bunten Sammlung an Getränken aus den bisher bereisten Ländern gibt’s einen gemütlichen Filmeabend

Wasserfälle, wir kommen!

lautet unser Motto am nächsten Morgen und nachdem wir kurz gefrühstückt und unsere 7 Sachen zusammengepackt haben, machen wir uns zusammen mit unseren Freunden auf Wasserfallsuche. Der offizielle Eingang zu den Wasserfälle stellt sich als Reinfall heraus. Man verlangt horrende Eintrittsgelder für eine kurze Wanderung zu den Fällen und zudem werden erste Soundchecks für das Osterwochenende ausprobiert, d.h. auch kein Ort, wo man nach getätigter Wanderung campen möchte. Also versuchen wir über einen etwas entfernteren Weg uns den Fällen zu nähern. Wir parken unsere Autos in einer im nichts verlaufenden Straße und steigen von dort aus zu Fuß einem der drei Wasserfälle namens Boti Falls entgegen. Doch zu unserer großen Enttäuschung ist dieser Wasserfall ausgetrocknet. Nicht ein Tropfen Wasser ist am Hang des sonst rauschenden Gewässers zu sehen und man kann nur erahnen wie beeindruckend dieser Ort während der Regenzeit sein muss.

Na, wenn schon kein Wasserfall, dann können wir zumindest die außergewöhnlich Felsformationen bestaunen, die unter anderem wie ein Regenschirm geformt sein sollen. Und so stapfen wir eine breite, nicht gerade einladende Sandstraße entlang, die nach ca. 45-minütiger Wanderung zum Umbrella Rock führt. Ein paar kleine Kinder folgen uns und turnen um uns herum, ansonsten ist der Ort tatsächlich sehr hübsch. Gerade wollen wir unsere Drohne starten und einige Luftaufnahmen von uns und der Steinformation machen, da hören wir ein näherkommendes Trommeln, Gesang und Menschenstimmen. Innerhalb von Minuten ist der Ort von Kirchengängern bevölkert, die von der Ostermette zurückkommen und sich alle neugierig um uns und den Felsen gesellen. Vorbei ist es mit der Entspannung. Wir ergreifen die Flucht und marschieren zurück zum Auto.

Dort, nach kurzer Lagebesprechung entscheiden wir uns heute noch nach Accra, der Hauptstadt Ghanas, zu fahren. Auf eine Übernachtung an Wasserfällen, die kein Wasser führen, hat keiner von uns mehr Lust. Für einen kurzen Mittagsstopp halten wir bei einem der kleinen Verkaufsstände am Straßenrand und lassen uns auf unsere Campingteller Jollof-Reis und gebratene Nudeln inkl. frittiertem Ei aufladen.

Am späten Nachmittag erreichen wir schließlich Accras Süden und fahren zu der einzigen dort uns bekannten Campingmöglichkeit. Es handelt sich um ein Restaurant direkt am Meer, wo man auf dem Restaurantparkplatz kostenfrei stehenbleiben kann. Das Meer ist an dieser Stelle komplett von Müll durchsetzt und auch die restliche Anlage scheint schon deutlich bessere Zeiten gesehen zu haben. Zudem ist die hinter dem Parkplatz verlaufende Schnellstraße ein Garant für eine unruhige Nacht. Unsere Freunde entscheiden sich schließlich über AirB&B ein Zimmer in Accras Innenstadt zu nehmen, während wir wenig verlangen verspüren heute noch einmal ins Zentrum der Stadt zu fahren. Entsprechend fahren wir los, um diverse Hoteloptionen abzuklappern. Leider stellt sich das als großer Fehler heraus. Das Hotel, das Camper akzeptiert, hat eine zu niedrige Einfahrt und wir können nicht bleiben. Alle anderen 10 Gasthäuser und Hotels, die wir aufsuchen verneinen entweder die Aufnahme von Campern und rufen Unsummen für eine Übernachtung im Hotelzimmer oder auf dem hoteleigenen Parkplatz auf. Entsprechend frustriert müssen wir uns kurz vor Sonnenuntergang eingestehen, dass die erste Option wohl die einzig Sinnvolle und Bezahlbare ist und wir kehren auf den Restaurantparkplatz zwischen Meer und Schnellstraße zurück. Nach einem kurzen Abendessen im Licht unserer Handytaschenlampe – das Restaurantlicht funktioniert nicht – wollen wir gerade unser Zelt aufklappen, da entdeckt Max, dass sich unser Zelt gelockert und 2 der 4 Halterungen sich gelöst haben. Dadurch ist das Zelt einige Zentimeter während der Fahrt nach vorne gerutscht. Zwar können wir noch darin schlafen, doch an eine Weiterfahrt am nächsten Morgen ohne Behebung des Problems ist nicht zu denken. Da es bereits stockdunkle Nacht ist, geben wir die Reparaturversuche ziemlich schnell auf und gehen schlafen. An eine ruhige Nacht ist allerdings nicht zu denken.

Sieht idyllischer aus als es ist – campen zwischen Schnellstraße und vermülltem Meer