Botswana – Teil 1: Von Buschmännern & wie die Welt von oben aussieht

Die Fahrt gen namibianisch-botswanische Grenze verläuft unspektakulär. Bis auf ein paar vereinzelte Tiere, die spontan und ohne Vorwarnung die Straße kreuzen, passiert nichts Besonderes auf der Fahrt zur Grenzstation. Diese stellt sich als eine der angenehmsten Grenzposten unserer gesamten Reise heraus. Innerhalb von 30 Minuten werden unsere Dokumente einschließlich Autopapier aus- & auf der anderen Seite des Schlagbaums wieder eingestempelt. Und schon haben wir die Länder gewechselt – wenn das nur immer so einfach gewesen wäre. Der Tag ist als Transit-Tag geplant und dabei bleibt es auch – manchmal muss man eben Strecke machen. Doch auch so ein „Fahrtag“ kann sehr angenehm sein, denn somit hat man auch einmal Zeit das in den letzten Tagen so intensiv Erlebte zu verarbeiten & zu besprechen oder zeitweise auch stundenlang aus dem Fenster zu sehen und die Gedanken schweifen zu lassen, während die Landschaft an einem vorbeizieht.

Straußen am Straßenrand

Ziemlich durchgeschwitzt und müde erreichen wir nach langer Autofahrt ein kleines San Dorf mit nettem Camping-Platz. Die sogenannten „Buschmänner“ oder San sind ein besonders naturverbundener Bevölkerungsstamm, der traditionell sich als Jäger & Sammler ohne festen Wohnsitz hervorgetan hat. Dabei gilt die Sprache der San als eine der komplexesten der Welt, da man dabei per Klick-Lauten sich zu verständigen weiß. Den meisten sind diese oftmals sehr klein und drahtig gewachsenen Stammesangehörigen der San vor allem durch den Kult-Film „Die Götter müssen verrückt sein“ bekannt, einen meiner Lieblingsfilme. Dabei geht es um eine witzige und zugleich gesellschaftskritische Darstellung des Aufeinanderprallens von zwei Welten: Der westlichen Welt mit der traditionellen Welt der Buschmänner – inszeniert durch eine Coca Cola Glasflasche, die aus einem Kleinflugzeug geworfen wird und vor die Füße des Buschmanns Xi fällt, der nicht versteht, wo dieser seltsame Gegenstand nur herkommen mag und ihn für ein seltsames Zeichen der Götter hält.

Im heutigen Botswana gibt es kaum noch San, die traditionell mit Speeren und Giftpfeilen umherziehen, um sich von der traditionellen Jagd zu ernähren. Vielmehr gibt es einige Familien, die sesshaft geworden sind und sich mittels Tourismus ihr Leben finanzieren. Da es uns wichtig ist, diese sehr interessante Ethnie einerseits zu unterstützen und gleichzeitig aber nicht, wie leider so oft, ein System zu fördern, das ähnlich wie bei den indigenen Völkern in Südamerika vielmals zu Alkoholismus und einem Verfall der Traditionen führt – haben wir uns bewusst für diesen Camping Platz entschieden, der durch die Camping-Gebühr den Traditionserhalt unterstützt und gleichzeitig die San-Bräuche den Touristen näherbringen möchte, ohne dabei in eine Art inszenierter Touri-Aufführung zu münzen.

Nachdem wir uns offiziell im Besucherbuch eingeschrieben haben, schnappen wir uns den abgelegensten Schlafplatz, sammeln noch etwas Feuerholz bei einem kurzen Abendspaziergang durch das umliegende Buschland und genießen den Abend unter Sternenhimmel. Während wir bereits im Zelt liegen, hören wir eine kleine Touristen-Gruppe zusammen mit einem San auf eine Pirschtour durch den Busch starten. Heute nicht mit uns – dafür sind wir einfach zu platt.

Weiter geht die Fahrt am nächsten Morgen gen Maun, einen der wichtigsten touristischen Ausgangspunkte für eine Safari durchs Okavango-Delta in Botswana – wo wir mittags eintreffen. Wir haben lange hin- & her überlegt und diskutiert, ob wir uns einen kleinen Traum erfüllen sollen und mit einem Kleinflugzeug über die wunderschöne Landschaft des Nationalparks fliegen sollen. Nachdem wir zwei unterschiedliche Anbieter aufgesucht haben und Preise verglichen haben, entscheiden wir uns spontan für einen „Scenic Flight“ am nächsten Vormittag. Zwar reißen die Tickets ein ordentliches Loch in unsere Reisekasse, aber wie oft werden wir noch einmal die Chance haben, ein derartiges Erlebnis aus der Luft genießen zu dürfen?

Voller Vorfreunde gönnen wir uns ein Bohnengericht mit „Fat Cake“ (eine Art Schmalzgebäck) am Straßenrand bei einer netten Verkäuferin und suchen uns bei einem Hotel mit angeschlossenem Campingplatz einen Übernachtungsspot. Der Campingplatz ist sehr voll und wuselig. Es handelt sich eigentlich um einen schönen Platz an einem ausgetrockneten Flusslauf – dennoch wünschen wir uns die Einsamkeit zurück, die wir in den letzten Wochen und Monaten genießen durften.

Eigentlich schön, wenn man die Camper um sich rum ignoriert

Als dann zum Sonnenuntergang der Platz sich immer mehr füllt und laut schnatternder südafrikanischer Touristen ihre Grillsachen auspacken, sind wir frustriert. Was wenn wir – ohne es bemerkt zu haben – bereits den schönsten Teil unserer Reise hinter uns haben und zukünftig immer unseren Schlafplatz mit einer derart lauten Meute teilen müssen, die einem das schönste Lagerfeuer-Erlebnis vermiesen kann?

Der nächste Morgen bricht an und die Aufregung steigt – gleich werden wir mit einem Kleinflugzeug abheben und über die von Wasser und Flüssen durchzogene Landschaft des Okavango-Deltas fliegen. Ohne eine genaue Vorstellung zu haben, was uns erwartet, stelle ich mir das Erlebnis wie das unvergessene Kindheit-Erlebnis im IMAX-Kino in München vor, als ich zusammen mit meinen Eltern und meinem Bruder den Film „AFRIKA“ in 3D ansehen durfte, bei dem man über die Köpfe von Giraffen, Elefanten und vielen anderen Tierherden fliegen durfte und aus dem Staunen nicht mehr herauskam.

Hoch in die Luft beim „Scenic Flight“

Zu acht, mit 3 südafrikanischen Pärchen, die am Anfang ihres Botswana Safari-Urlaub stehen, besteigen wir die kleine Flugmaschine. Netterweise erlauben mir die anderen Passagiere, dass ich vorne beim Piloten sitzen darf und somit freien Blick auf die gigantische Landschaft habe, die wir nach kurzer Zeit vor und unter uns liegen haben.

Ich darf Co-Pilot spielen

Der Pilot ist motiviert und lässt das Flugzeug immer wieder steil zur Seite kippen. Durch diese spannenden Flugmanöver eröffnet sich ein einzigartiger Blick auf die Tier- & Pflanzenwelt unter uns: Wir sehen Elefanten, Giraffen, Gnus, Zebras, Hippos, Impalas, die teils einzeln, teils auch in größeren Herden unter uns umherwandern. Leider erlebt das Okavango-Delta gerade eine sehr starke Dürre, die laut Pilot alle 10 bis 20 Jahre stattfindet und somit sehen wir anstatt eines satten Grüns, das man normalerweise mit dem Okavango-Delta verbindet, primär trockene Steppe, die aber immer wieder von satten, blauen Wassersträngen durchzogen wird. Zwar schade hier nicht die typischen üppigen Wasser- & Grasflächen sehen zu können, allerdings ist es auch von Vorteil, da man so die Tiere aus der Luft viel leichter spotten und die vielen Trampelpfade der Tiere aus der Luft ausmachen kann.

Mit leicht flauem Magen vom sportlichen Flugstil des Piloten, aber überglücklich landen wir nach einem ca. 30-minütigen Rundflug wieder sicher am Flughafen von Maun. Ein Erlebnis, das wir wohl nie wieder vergessen werden und das es allemal wert war.