Madagaskar Tag 6 – Traumhafte Felsformationen im Tsingy

Nach einer sehr ungemütlichen und lauten Nacht quälen wir uns um kurz nach fünf Uhr aus dem Zelt. Wie wir später von unserem Tour Guide namens Tahina erfahren, war die Musik, die uns den Schlaf raubte, eine Totenfeier. Dabei wird bei Tot eines Dorfangehörigen bis in die frühen Morgenstunden ohrenbetäubend laute und so schrill & schräge Musik abgespielt, dass sie eigentlich nicht als Musik bezeichnet werden kann. In Kombination mit dem Schlachten eines oder mehrerer Zebu-Rinder wird dem Toten gedacht und gebührend Abschied genommen. Dabei muss die Familie für die herbeiströmenden Freunde & Verwandten des Toten ein umfangreiches Totenmahl stellen – eine Aufgabe, die Familien oftmals stark in Bedrängnis bringt, da diese Tradition häufig das gesamt Hab & Gut wortwörtlich „verschlingt“.

Ticketkauf mit Hindernissen

Nach einem kurzen Omelette Frühstück geht’s über eine schlechte Piste ab Richtung Tsingy Parkverwaltung – oder dem Ort, den wir dafür halten. Dort angekommen sagt man uns, dass wir falsch seien und zum Flussufer fahren müssten, um dort unseren Tsingy-Besuch starten zu können. Nach 20 min. Schotterfahrt dort angekommen, erfahren wir, dass wir zwar hier unseren Guide bekommen, allerdings zuvor in einem Hotel im anderen Dorf Tickets kaufen müssen. Also wieder 20 min. zurückgezuckelt, um dort Tickets zu erstehen. Auf dem Weg dorthin treffen wir Carolin und ihre zwei spanischen Reisebegleiter Mariana & ihren Freund (dessen Namen ich zwischenzeitlich vergessen habe). Diese drei sind mit ihrem Fahrer ebenfalls auf dem Weg Richtung Grand Tsingy und wir beschließen gemeinsam einen Guide zu teilen. Nach erfolgreichen Ticketkauf, geht’s die 20 min. Fahrt wieder zurück zum vermeintlichen Parkeingang, um die Tickets entwerten zu lassen und einen Guide zu organisieren. Mit gestempelten Tickets und unserem Guide Tahina geht’s nun zurück zu unserem ersten Stop des Tages. Hier sammeln wir Klettergurte ein, die uns bei der Besteigung der Felsformation sichern sollen. Nach geschlagenen 3 Stunden sind wir endlich soweit und es kann losgehen Richtung Tsingy. Na da hat sich das frühe Aufstehen ja richtig gelohnt!

Blick nach oben in der Tsingy Schlucht

Tsingy de Bemaraha Nationalpark

Der Tsingy Nationalpark zählt seit 1990 zum UNESCO Weltnaturerbe. Der Nationalpark besteht aus scharfen Kalksteinnadeln, die zu tausendfach in den Himmel ragen. Die spitze Gesteinsformation entstand aus Meeresablagerungen, die im Laufe der Jahrhunderte durch tektonische Plattenverschiebungen aus dem Meer gehoben wurden. Aufgrund von Erosion und Auswaschungen entstanden skurrile Felsgebilde, die nun als eines der Highlights einer Madagaskar Reise gelten. Vollkommen zu Recht unserer Meinung nach. Allerdings kann der Nationalpark nur während der Trockenzeit besucht werden – nicht nur, weil die Anreise sonst kaum machbar ist, sondern auch, da sich die engen Schluchten & unterirdischen Gesteinstunnel dann mit Wasser füllen und nicht mehr begehbar sind.

Tsingy Ausblick

Der Tsingy Nationalpark ist allerdings nicht nur UNESCO Weltnaturerbe, sondern zeitgleich auch heilige Stätte für die lokale Bevölkerung, deren Vorfahren in den Höhlen Gräber untergebracht haben. Das erklärt, warum man vor einem Tsingy Besuch von den Local Guides auf diverse „FADY“ hingewiesen wird – dies sind Verbote, die zwingend eingehalten werden sollten, um dem örtlichen Glauben Respekt zu zollen. Beispiele für Verbote im Park sind beispielsweise das Gebot nicht zu Rauchen, oder das für die meisten Besucher fast nicht einzuhaltende Fady: Mit dem Zeigefinger auf etwas zu zeigen. Immer wieder erwischt man sich oder andere dabei, dass man unterbewusst doch wieder den Finger nutzt, um auf Tiere oder die Schönheit der Natur zu verweisen. Die Macht der Gewohnheit lässt sich nur schwer ablegen.

Brauner Maki mit Baby

Ringelschwanzmungo, braune Makis, weiße Sifakas & bunte Cuoas

Die sengende Mittagshitze empfängt uns, als wir nach 45 min. Fahrt aus dem Auto steigen und uns zu Fuß weiter auf den Weg Richtung Tsingy machen. Das flache Gelände lässt einem stark daran zweifeln, dass man zeitnah inmitten von mächtigen Felsformationen stehen wird. Die Tierwelt, der traumhafte Blick & die unvergesslichen Eindrücke, die wir nach einer kurzen Wanderung und einem Klettersteig-Aufstieg dann genießen dürfen, lehren uns eines Besseren.

Schon am Anfang des Parks werden wir von weißen Sifakas empfangen, die in den Ästen gemütlich abhängen. Danach entdecken wir braune Maiks mit Nachwuchs am Bauch & auch bunte Cuoas lassen sich immer wieder auf dem Weg durch die Felsschluchten entdecken.

Nachdem wir dann einen kurzen, aber nicht ganz zu unterschätzenden Klettersteig hinter uns gebracht haben, erwartet uns ein traumhafter Blick über den Tsingy Nationalpark. Es geht weiter über Hängebrücken und Aussichts-Plateaus und wir können gar nicht genug bekommen. Aber seht selbst:

Durchgeschwitzt, dreckig, aber überglücklich kehren wir nachmittags zu unserem Auto zurück. Selbst unser Guide Tahina ist so erschöpft, dass er bei der Rückfahrt neben Max auf dem Beifahrersitz einschläft. Ob das allerdings an der Wanderung oder der feierreichen Nacht im Gedenken an den Toten liegt, bleibt offen.

Guide Tahina ist vor Erschöpfung im Auto eingeschlafen
Tahina schläft bei Rückfahrt

Wir beschließen nicht gleich zu unserem Zelt zurückzukehren, sondern verabreden uns mit Carolin auf ein Bier in deren Hotel. Auf dem Weg dorthin machen wir noch einen kurzen Stop bei einer „lokalen Werkstatt“, da einer unserer Reifen uns schon seit längerem sehr flach erscheint und wir vor der morgigen Rückfahrt gen Morondava mehr Druck im Reifen haben möchten. Am Straßenrand sehen wir ein Schild mit der Aufschrift „VULCA“ – also einer Reifen-Werkstatt. Dass dort die Reifen allerdings nicht mittels Kompressor-Druck, sondern mit Hilfe einer Fahrradpumpe und reiner Armkraft aufgepumpt wird, ist dann doch ein etwas befremdlich. Aber der Reifen scheint etwas praller zu sein.

Autoreifen Aufpumpen
Fahrradpumpe statt Kompressor

Im Hotel bei Carolin angekommen gibt es sauberes & geruchsneutrales Wasser und wir dürfen bei ihr im Bungalow die Dusche benutzen. Ein Traum nach so einer staubigen und schweißtreibenden Tour. Wir lassen den Abend am Hotelpool mit Bier und angenehmen Gesprächen mit Carolin & den beiden Spaniern aus Madrid ausklingen. Schön, dass man hier im hintersten Eck von Madagaskar so spannende und tolle Persönlichkeiten kennenlernen kann.